Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Zustand der CDU in NRW
Bielefeld (ots)
Hoffentlich hat Armin Laschet der Basis seiner Partei in Ostwestfalen-Lippe genau zugehört. Der künftige Vorsitzende der NRW-CDU tut gut daran, auf das zu vertrauen, was ihm die Kreisverbände gesagt haben. Sie vereinen mehr Kompetenz als jede Gruppe vermeintlich guter Berater auf Landes- oder Bundesebene. Schließlich geht es um alles: Die CDU ist dabei, ihre Stellung als Volkspartei zu verlieren - auch in sicher geglaubten Hochburgen. Es war gut, dass viele heimische Christdemokraten ihrem Ärger Luft gemacht haben beim OWL-Bezirksparteitag. Die Stimmung an der Basis ist trotz Aufbruchshoffnung gedrückt. Zu weit hat sich die CDU vom Wähler entfernt. Darin sind sich alle einig. Die Endlosdebatte um das Betreuungsgeld ist nur ein Beispiel, warum viele Bürger die CDU satt haben. Die dauerhafte Beschäftigung mit sich selbst in Bund und Land widert sie so an, dass sie zu Protestwählern werden oder - noch schlimmer - nicht wählen. Aus dieser Abwärtsspirale muss sich die Partei befreien. Das geht nur mit Einfühlungsvermögen, Menschlichkeit und Bürgernähe. Fähigkeiten, die in der Politik viel zu selten genannt werden. Das geht nur vor der Haustür. Gerade in OWL hat die CDU beste Strukturen, um mitten in der Gesellschaft und für die Bürger da zu sein. In einigen Kreisverbänden ist das so. Dennoch entfernten sich Wähler in Massen von der Partei. Das entlarvt Defizite. Die Parole »Wahl abhaken und weitermachen« wäre falsch. Fehler wurden nicht erst unter Norbert Röttgen gemacht. 2010 verlor die CDU auch ohne ihn zehn Prozent. Laschet will jeden Präsidenten von Industrie- und Handelskammern, Bischof und Handwerkskammer-Chef in NRW treffen. Besser wäre es, wenn er Bürger ohne Funktion überzeugt. Dort fängt Verwurzelung an. So wird Vertrauen zurückerobert und der CDU ein Gesicht gegeben. Zu lange war die Gunst des Wählers selbstverständlich. Politik als moderner Beitrag zu mehr Lebensqualität vor Ort statt angestaubter Selbstbeweihräucherung fern des eigenen Lebens: Das ist das Ziel. Neuanfang klingt immer gut. Auf Landesebene sind es aber vor allem alte Gesichter. In OWL ist mit dem Wechsel von Elmar Brok zu Steffen Kampeter ein Generationenwechsel geschafft. Zur Ehrlichkeit gehört aber dazu, dass in der zweiten Reihe wenig neue Gesichter auftauchen. Im Gegenteil: Mit Reinhard Göhner kehrt aus alter Vertrautheit zu Kampeter ein Urgestein zurück. Das ist nicht per se negativ. Dennoch hätten sich viele OWL-Christdemokraten mehr junge Persönlichkeiten in der neuen Führungsriege gewünscht - ein nachvollziehbares Anliegen. Der Neuaufbau muss in den Kommunen anfangen, von unten nach oben, nicht andersherum. Land und Bund müssen sich unterordnen und die Arbeit vor Ort als Hort des Erfolges achten. Wenn in den Regionen Vertrauen zurückerobert wird, gesundet automatisch die gesamte CDU.
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