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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bankenhilfe

Bielefeld (ots)

Welches Europa darf es denn sein, das der Banken oder das der Bürger? Ein freiheitliches, föderatives mit Subsidiarität oder ein zentralistisch gelenktes, mit Fiskal- und Schuldenunion? Soll es die Vielfalt der Völker sein oder die Einfalt der Technokraten? Die sanfte Diktatur der Bürokraten oder doch das Europa der Vaterländer? Solche Fragen haben durch die Beschlüsse von Brüssel in Richtung Schuldenunion Auftrieb bekommen. Die Euro-Krise zwingt, so scheint es, zu einem Mehr an Europa und einem Weniger an Souveränität für die Nationalstaaten. Kein Zweifel, wir befinden uns in einem historischen Prozess - Ausgang offen. Wo ist die Grenze der Freiheit, wo verläuft die Grenze der Solidarität? Die Antworten werden den künftigen Charakter Europas prägen. Diese Fragen liegen auch den Eilanträgen und Verfassungsbeschwerden zugrunde, die in Karlsruhe anhängig sind. Die Karlsruher Münze darf da nicht zu klein ausfallen. Die Gerechtigkeit, »das Recht ist das Maß der Politik« (Benedikt XVI.), nicht die Bilanzen der Banken oder drohende Wahltermine. Zwar setzen die Finanzinstitute die Politik gern mit dem Argument unter Druck, sie seien systemrelevant. Aber für ein freiheitliches System gibt es, frei nach August von Hayek, nur zwei wirklich systemerhaltende Institute, die Familie und das Eigentum. Beschleunigt wurde der Prozess durch die Entscheidung, dass marode Banken sich demnächst möglicherweise ohne Auflagen aus dem Rettungsfonds ESM rekapitalisieren dürfen. Das wäre der entscheidende Schritt in die Schuldenunion und veränderte den Charakter des ESM derart, dass der Bundestag neu über die Beschlüsse würde befinden müssen. In Finnland und in den Niederlanden will man ein Veto einlegen, wenn der ESM ohne Auflagen benutzt werden sollte. Man will den Weg in die Vergemeinschaftung der Schulden, sprich in die Übernahme der Schulden der Südländer, nicht mitgehen. Das um so weniger, als die Bankschulden dieser Länder fast dreimal so hoch wie die Staatsschulden sind. Kein Staat, auch Deutschland nicht, kann das schultern. Zudem regt sich grundsätzlicher Widerstand in Großbritannien. Man denkt an einen Austritt aus der EU. In Osteuropa wiederum erwacht altes Misstrauen gegen den Vereinheitlichungsdrang, das kennt man aus Zeiten vor der Wende. Brüssel gibt Gas, um den Euro und die Banken zu retten. Italien, Spanien, Frankreich drücken mit, »um an das deutsche Geld zu kommen« (Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn). Sie wollen ihre eigenen Reserven (Gold, Immobilien, Devisen) schonen und erstmal die deutsche Bonität verbrennen. Diese Beschleunigung ist gefährlich, sie kann zu einem Kolbenfresser führen. Natürlich wird Europa deshalb nicht untergehen, aber der Euro-Motor wird erneuert werden müssen auf einen funktionsfähigen Block - oder das EU-Projekt rollt einfach an die Wand.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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