Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zu Angela Merkel
Bielefeld (ots)
Endlich Urlaub! Angela Merkel muss man die Sommerferien gönnen, selbst wenn man ihrer Politik rein gar nichts abgewinnen kann. Seit 2008 regiert die Kanzlerin im Modus der Dauerkrise. Umso erstaunlicher sind ihre Zustimmungswerte. Die Deutschen mögen der Politik misstrauen, Angela Merkel misstrauen sie nicht. Ganz im Gegenteil. Die Frau bleibt ein Phänomen - und für die Konkurrenz schwer angreifbar. Während sich die SPD nicht entschließen kann, wen sie gegen die Kanzlerin ins Rennen schickt, distanziert Merkel ihre Rivalen Zug um Zug. Sogar Peer Steinbrück, gewiss nicht nur aus Sicht der Union der gefährlichste Herausforderer, liegt im Direktvergleich klar zurück. Woher aber rührt dieses Vertrauen in die Kanzlerin? Vor allem schätzen die Menschen Merkels nüchtern-sachliche Art. Da ist kein Glamour, aber da ist auch keine Show. Ihre beinahe stoische Ruhe wirkt auf viele beeindruckend, besonders im Kontrast zu den historischen Turbulenzen in Europa. Ihre Schwächen in der Rede kennt man längst und sieht sie ihr offenbar nach. Ohnehin kommt es den meisten Bürgern am Ende doch eher auf die Taten an, und da macht Angela Merkel zwar längst nicht alles richtig, aber so richtig falsch hat sie eben auch noch nichts gemacht. Stets sind zudem all die Pannen und Peinlichkeiten, die sich ihre Regierung seit dem Amtsantritt im Herbst 2009 wahrlich zuhauf geleistet hat, an der Kanzlerin abgeperlt. Auch konnten ihr die mittlerweile zahlreichen CDU-Schlappen auf Länderebene noch die Eskapaden führender Unionspolitiker - von Guttenberg über Wulff bis hin zu Mappus - bisher kaum ernsthaft etwas anhaben. Dabei ist die Frau nicht nur Kanzlerin, sondern auch CDU-Vorsitzende und allein deswegen alles andere als unbeteiligt am Erscheinungsbild der Union. Doch selbst der Frust, der darüber in den eigenen Reihen entstanden ist, hat keinen kräftigen Gegenwind, sondern allenfalls ein laues Lüftchen entfacht. Wohl der Kanzlerin, die nicht mehr als den »Berliner Kreis« der Konservativen zu fürchten hat. Das freilich liegt auch daran, dass die CDU nur zu gut weiß, dass sie auf absehbare Zeit ohne Merkel nicht erfolgreich sein kann. Lange Zeit jedoch stand nur die Kanzlerin in quasi-präsidialer Distanz zum eigenen Lager in den Umfragen gut da, während Union und FDP kräftig abgestraft wurden. Mittlerweile ist das anders: Zwar ist nirgends eine schwarz-gelbe Mehrheit in Sicht, aber eine rot-grüne Mehrheit gegen Merkels Union gibt es eben auch nicht mehr. Bliebe es so, hätte die CDU/CSU schon viel erreicht, denn einen Partner zum Regieren findet Merkel immer. Zumal sie für ihren Pragmatismus bekannt ist. In Zeiten der Euro-Krise ist zwar nichts sicher. Doch Angela Merkel hat momentan allen Grund, an eine Fortsetzung ihrer Kanzlerschaft über 2013 hinaus zu glauben. Und mit einem besseren Gefühl kann man doch kaum in den Urlaub starten.
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