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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Moody's & Co.

Bielefeld (ots)

Moody's bewertet die Aussichten für Deutschlands Kreditwürdigkeit schlechter. Überraschen kann das eigentlich nicht. Die Entscheidung folgt der Logik der bisherigen Notenfindung durch Moody's & Co. Infolgedessen ist schon jetzt auch programmiert, dass die Bestnote AAA in vermutlich sechs Monaten oder sogar früher fallen wird. Schließich kann, wer die Kreditwürdigkeit Griechenlands, Irlands und Portugals herabgestuft hat, nicht daran vorbei gehen, dass die EU diesen Ländern Hilfen in Höhe von insgesamt 223,3 Milliarden Euro zugesagt hat. 138,3 Milliarden sind bereits geflossen - größtenteils natürlich kreditfinanziert. Hinzu kommen die ebenfalls schon zugesagten Hilfen für spanische Banken und vermutlich noch Zahlungen an Italien. Deutschland ist jedes Mal mit etwa 28 Prozent dabei. Soweit ausschließlich Zahlen entscheiden, ist Moody's also im Recht. Problem: Die Grundannahme stimmt nicht. Der frühere Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen hat eher untertrieben, als er bereits vor etwa 30 Jahren feststellte: »50 Prozent der Wirtschaft sind Psychologie.« Wirtschaft sei eine Veranstaltung von Menschen, nicht von Computern. Die Nichtberücksichtigung dieses Faktors ist ein Handicap, unter dem auch viele Ratings für Unternehmen leiden. Die Stärke eines Betriebs, seine Kreativität und Innovationskraft, aber auch die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter und die innere Stärke sind Indikatoren, die sich nicht wirklich mathematisch erfassen lassen. Um so mehr gilt das für ganze Volkswirtschaften. Ratings geben vor, auf die Zukunft ausgerichtet zu sein. Sie beziehen sich aber allein auf Daten aus der Vergangenheit. Deshalb kommt ihre Bewertung von Staaten fast immer zu spät. Humbug ist es, anzunehmen, Philipp Röslers Griechenland-kritische Äußerungen am Sonntag hätten dazu geführt, dass die US-Agentur zwei Tage später das Rating verändert habe. Richtig aber ist, dass - gerade unter dem Aspekt, dass 50 Prozent der Wirtschaft Psychologie sind - Äußerungen wie die des Bundeswirtschaftsministers das Vertrauen in Deutschland verringern. Auf diesem Hintergrund nötigt der Kurs der Bundeskanzlerin Respekt ab - auch wenn Angela Merkel auf dem letzten Europa-Gipfel heftiger Gegenwind ins Gesicht blies. Politiker können ihre Entscheidungen nicht am Urteil von Ratingagenturen ausrichten. Diese konzentrieren sich allein auf das eine Thema: Kreditwürdigkeit. Sie bewerten weder die Grundlagen der Entscheidung, noch interessieren sie sich dafür, welche Folgen ein anderer Beschluss nach sich gezogen hätte. Die Gütersloher Bertelsmann Stiftung hat schon vor einiger Zeit damit begonnen, Unterstützer für eine unabhängige Ratingagentur zu gewinnen. Sie soll ausschließlich die Kreditwürdigkeit von Staaten bewerten. Nie war sie so wichtig wie heute. Daher ist es gut, dass zahlreiche Politiker in Berlin und Brüssel bereits ihre Unterstützung zugesagt haben.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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