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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Ägypten

Bielefeld (ots)

Der Islam kennt eine Institution, die manchen Männern das Leben erleichtert: die Mita'a. Das ist eine Ehe auf Zeit, sozusagen zur Probe. Natürlich profitieren die Männer von dieser Institution, die im Grunde eine religiös tolerierte Form der Prostitution bedeutet. Genau das ist das politische Arrangement, das die regierenden Muslimbrüder in Ägypten mit den Generälen getroffen haben. Sie probieren aus, wie lange man gemeinsame Sache machen kann. Das geht jetzt seit zwei Wochen so und das dröhnende Schweigen aus Washington zeigt an, dass die Obama-Regierung dieses Arrangement gesucht hat. Natürlich wird das Bündnis nicht ewig halten. Aber derzeit profitieren beide Seiten von dieser politischen Ehe auf Probe. Wenn die Generäle sich verweigert oder gar mit militärischen Mitteln gewehrt hätten, hätten sie den Verlust der Milliardenhilfe aus den USA riskiert. Ohne Pfründe und Privilegien aber können sie ihre Offiziere auf Dauer nicht bei der Stange halten. Außerdem können sie nicht mehr sicher sein, ob die Soldaten ihren Offizieren auch gehorchen würden, wenn es gegen die Muslimbrüder ginge. Und nachdem die Muslimbrüder auf dem Sinai gezeigt hatten, dass sie auch hart gegen Schmuggler und Banden zuschlagen lassen können, haben sie in Washington und bei den Generälen an Glaubwürdigkeit gewonnen. Das erste Brautzeichen für die politische Mita'a war geliefert. Aber auch die Muslimbrüder haben ein Interesse an dem befristeten Bündnis. Zurzeit sind sie zu schwach, um eine offene Konfrontation mit den Generälen zu wagen. Erst müssen die höheren Offiziersränge noch mit eigenen Leuten durchsetzt werden. Dafür wird auch der neue Generalstabschef, ein Vertrauter von Präsident Muhammed Mursi, sorgen. Und auch die ägyptische Wirtschaft muss wieder aufgerichtet werden, gerade jetzt vor dem Spätsommer und Herbst, wenn die Temperaturen für Touristen angenehm sind. Dafür ist Stabilität, innen wie außen, unverzichtbare Voraussetzung. Wenn die Lage sich beruhigt hat und die Präsidentschaftswahlen in Amerika vorüber sind, könnte die Probezeit vorbei sein. Für ein paar Monate sind also politische Flitterwochen angesagt. Dann wird die neue islamistische Diktatur in Ägypten ihr wahres Gesicht zeigen. Es ist das verschleierte Gesicht des »arabischen Frühlings«. Denn fast überall, wo die Menschen in diesem Raum für ihre Freiheit und mehr Demokratie auf die Straße und Plätze gingen, haben Islamisten versucht, den aufkeimenden Frühling zu kidnappen, selbst in Tunesien ist das jetzt spürbar. Wo es nicht gelang, sind sie vorerst Bündnisse auf Probe eingegangen. Das letzte Wort nach der »Arabellion« ist noch nicht gesprochen. Das hat der Koran - oder die Demokratie.

Pressekontakt:

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Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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