Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Romneys Nominierung
Bielefeld (ots)
Es ist die Stunde der Republikaner. Bei ihrem Parteitag in Tampa haben sie Mitt Romney zum Präsidentschaftskandidaten nominiert und hoffen, am 6. November das Weiße Haus zu erobern. Amerika blickt auf Tampa, wo Romney heute seine große Rede vor den Delegierten halten wird. Zum ersten Mal hat er die Chance, medial bis ins kleinste Dorf vorzudringen. Denn trotz des langen Vorwahlkampfes kennen die Amerikaner Romney bisher kaum. Was bedeutet Romneys Griff nach der Macht für Amerika und die Welt? Zunächst steht fest, dass die Republikaner nach rechts gerückt sind. Innenpolitisch fahren sie einen harten konservativen Kurs. Bei Abtreibung, Homo-Ehe, Sozialleistungen, Einwanderungspolitik, Waffenbesitz und Gesundheitsreform bleiben sie unnachgiebig. Romneys Außenpolitik basiert auf der Vision amerikanischer Stärke und Größe. Die US-Weltordnung soll sich kämpferisch und hochgerüstet durchsetzen. Romney will Gegner wie Iran und Nord-Korea gegebenenfalls militärisch bekämpfen, Konkurrenten wie China mit Handelsstrafen überziehen und die Verhandlungen mit den Taliban in Afghanistan abbrechen. Romneys Berater warten nur darauf, mit einem republikanischen Präsidenten gegen den Iran losschlagen zu können. Sollte Romney im November siegen, setzt sich wieder die militante Weltanschauung des George W. Bush durch. Verständlich, dass viele Europäer besorgt nach Tampa blicken. Die Frage nach Krieg oder Frieden wird auch dort entschieden. Doch noch ist Romney nicht im Weißen Haus. Noch hat er die heiße Phase des Wahlkampfes nicht überstanden. Barack Obama wird schon nächste Woche beim demokratischen Wahlparteitag sein Gegenmodell vorstellen. Er wird ein anderes Amerika beschreiben - innenpolitisch sozial, wirtschaftspolitisch uneigennützig, steuerpolitisch im Interesse der Unter- und Mittelschicht und außenpolitisch - soweit es geht - defensiv statt offensiv. Auch diesmal geht es primär um die Wirtschaft. Romney präsentiert sich gern als Wirtschaftsexperte und gestandener Unternehmer. Er hofft, hier gegen Obama punkten zu können. Noch kämpft der Präsident gegen die hohe Arbeitslosigkeit, seine politische Achillesferse. Doch ein Blick auf Romneys wirtschaftspolitisches Programm enttäuscht. Sein Plan zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bleibt schleierhaft. Er wünscht sich, dass die Amerikaner ihm einfach vertrauen. Doch wie sollen sie das tun, wo Romney schon als Gouverneur in Massachusetts wirtschaftspolitisch versagt hat? Anstatt Jobs zu schaffen und den Staat voranzubringen, hinterließ er Arbeitslosigkeit und Verschuldung. Romney mag versuchen, Amerika einzulullen. Doch Obama und sein Wahlkampfteam sind hellwach. Der Präsident fühlt, dass er diesen Gegner schlagen kann - auch auf dem wichtigen Gebiet der Wirtschafts- und Steuerpolitik.
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