Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu jungen Menschen ohne Berufsabschluss
Bielefeld (ots)
Der Bildungsgipfel 2008 sollte der Startschuss auf dem Weg zur Bildungsrepublik werden. Immerhin: Es gibt weniger Schulabbrecher - ein kleiner, sich langsam entwickelnder Erfolg. Von einer Halbierung der Schul- sowie Berufsabbrecherquote ist Deutschland aber weit entfernt. Das war 2008 als Ziel festgelegt worden. Aus 17 Prozent junger Menschen ohne Berufsabschluss sollten 8,5 Prozent werden. 2010 waren es immer noch 17,2 Prozent. Jeder Sechste unter 30 hat nichts gelernt. Gleiches gilt für die Politik in Sachen Bildung - nichts dazugelernt! Die entscheidende Schnittstelle, Millionen junge Menschen nicht länger ohne Berufsausbildung in die Zukunft zu schicken, ist der Übergang von der Schule ins Berufsleben. Das klingt zunächst banal. Und dennoch wird dem zentralen Schritt wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Schulen werden an diesem Punkt alleine gelassen. Der routinemäßige Besuch des Berufsberaters reicht schon lange nicht mehr aus. Programme zur Berufsvorbereitung gibt es zuhauf, koordiniert werden sie von politischer Seite kaum. Der Erfolg hängt unmittelbar vom Engagement des Lehrers oder der Eltern ab. Darauf können sich aber nicht alle jungen Menschen verlassen. Die Politik muss den Schulen noch mehr helfen, ein Netzwerk mit Wirtschaft und Hochschulen zu spinnen, um Schülern den Weg von der Theorie in die Praxis zu erleichtern. Kreative Pädagogen sind die Basis. Funktionierte dann noch das System, würde es weniger Familien geben, in denen die Arbeitslosenbiografien von Generation zu Generation weitervererbt werden. Und das ist keineswegs nur in Migrantenfamilien der Fall. Sicher können Schule und Politik nicht alle Defizite aus Elternhäusern ausmerzen. Sie sollten aber bewirken, dass nicht mehr nur auf die Spitze des Bildungssektors - von mehr Studenten bis zum verkürzten Abitur - geschaut wird, sondern auf die niedrigere Ebene. Neue Formen gemeinsamen Lernens - Stichwort Sekundarschule - sind wichtig. Gleichzeitig dürfen Lücken im bestehenden System aber nicht vergessen werden. Das zeigt sich am besten an den Berufskollegs. Mehr Abschlussmöglichkeiten und ein breiteres Fachangebot sind Fortschritte. Damit werben die Einrichtungen zu Recht. Der Blick auf die schwierigeren Fälle geht dabei aber oft verloren. Zahlreiche junge Menschen meiden den direkten Weg in die Ausbildung, wollen lieber im sicher erscheinenden Schulalltag verweilen. Dieser Mentalitätswandel führt dazu, dass Berufsorientierungsjahre zu Auffangbecken werden und am Ende nicht in einer Ausbildung münden. Die Politik muss mehr Energie darauf verwenden, diese Schüler zu fördern - vielleicht mit Druck. Was spricht dagegen, dass diese Schüler zu Berufscoachings mit 1:1-Beratung verpflichtet werden? Das kostet Geld. Wenn weiterhin Millionen junge Leute ohne Berufsabschluss abgehängt werden, kostet das den Staat Unmengen mehr.
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