Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Bertelsmann
Bielefeld (ots)
Was die Generalversammlung für einen Verein, ist das Management-Meeting für den Bertelsmann-Konzern. Zwar werden die Weichen meist andernorts gestellt. Doch ob der Zug tatsächlich in der gewünschten Richtung Fahrt aufnimmt, entscheidet sich zum guten Teil auf dem Treffen. Hartmut Ostrowski gebrauchte bei seinem ersten Auftritt auf dem Management-Meeting 2008 markige Worte, als er ankündigte: »Wir wollen Löwen sein und keine Lämmer.« Den Umsatz wollte er bis 2015 genauso verdoppeln wie das operative Ergebnis. Ostrowski ist von der Weltfinanzkrise und später vom eigenen Burnout eingeholt worden. Schon deshalb ist es fraglich, ob Thomas Rabe heute und morgen in ähnlicher Weise auf den Putz des neuen Theaters in Gütersloh hauen wird wie sein Vorgänger vor vier Jahren in Berlin. Die acht Monate seit seiner Amtsübernahme hat er genutzt, um personelle Weichen zu stellen. Die Chefs von RTL sowie Gruner + Jahr sind weg, eine Nachfolgerin für die wichtige Stelle des Finanzvorstands ist gefunden. Der Vorstand ist jünger und weiblicher geworden: Drei der sieben führenden Konzernmanager sind Frauen. Alle Konzernvorstände sowie der neue Vorsitzende des Aufsichtsrates sind zudem jünger als 50. Schaut man auf den Vorstand, mit dem Ostrowski vor fünf Jahren ins Rennen gegangen ist, dann ist von den damals sechs Mitgliedern außer Rabe selbst nur noch Rolf Buch an Bord. Für ein Familienunternehmen, das Wert auf Kontinuität legt, ist das eine ziemlich hohe Fluktuationsrate. Ein Grund ist sicher die Größe der Herausforderungen, vor denen der Konzern steht. Internet und Digitalisierung stellen kaum eine andere Branche vor so große Herausforderungen wie die Medien. Das gilt nicht nur für Fernsehen, Bücher und Zeitschriften, sondern für das Druckgeschäft insgesamt. Wenn Versandhäuser ihre Kataloge einstampfen, braucht es auch keinen Verlag mehr, der sie druckt. Neue Wachstumsfelder sind in Gütersloh schon benannt worden. Bildung und Dienstleistung stehen an erster Stelle. Es liegt jetzt am Management, die Idee mit Leben zu erfüllen. Man darf gespannt sein, was Rabe dazu auf dem Managementkongress sagen wird. Ein anderes Thema wird der Vorstandsvorsitzende bei dieser Gelegenheit wohl nicht mehr erläutern müssen: Ein in einigen Medien mal wieder heiß diskutierter Börsengang ist durch die neue Unternehmensform zwar möglich, aber von der Eigentümerfamilie weiterhin nicht gewollt. Darüber, welche Veränderungen die Hinzuziehung von Investoren außerhalb der Börse nach sich ziehen wird, werden die Manager heute und morgen wohl nur untereinander, aber nicht laut am Mikrophon spekulieren. Bei all diesen Veränderungen ist es ein gutes Zeichen, dass das Management-Meeting 2012 in Gütersloh stattfindet. Rabe setzt damit ein Signal, dass das größte private Unternehmen in Ostwestfalen-Lippe zu seinem Standort und damit den hier beschäftigten 10 892 Mitarbeitern steht.
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