Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum möglichen SPD-Kanzlerkandidaten
Bielefeld (ots)
Die K-Frage ist entschieden, auch wenn die Krönung noch fehlt. Nach diesem Zukunftskongress kann der SPD-Kanzlerkandidat nur Peer Steinbrück heißen. Die Troika war gestern: Wenn die Sozialdemokraten wirklich voll auf Angriff setzen, müssen sie Steinbrück auf den Schild heben. Nur er kommt für einen Sieg gegen Angela Merkel in Frage. Sigmar Gabriel ist bei den Wählern zu unbeliebt. Frank-Walter Steinmeier ist bei den Wählern sehr beliebt, aber schon einmal grandios gescheitert. Seine Nominierung käme dem Signal der SPD gleich, sich mit der Rolle des Juniorpartners in einer Großen Koalition zufrieden zu geben. Beide Makel trägt Steinbrück nicht. Er ist ins Volk vermittelbar, und ein Kollaborateur der Merkelschen Macht will er nie wieder sein. Gewiss ist Steinbrück der gefährlichste Herausforderer, den die SPD gegen die Kanzlerin in Stellung bringen kann. Als ausgewiesener Finanzfachmann wird er sie frontal in ihrem Wirkungsfeld, der Bekämpfung der Euro-Krise und der Sicherung des deutschen Wohlstands, angreifen. Das Problem jedoch ist, dass die Bürger bisher an Merkels Krisenmanagement kaum etwas auszusetzen hatten. Nicht weniger als das Duell mit der Kanzlerin wird Steinbrück das Duell - äh, Duett mit »seiner« SPD abverlangen. Auch das zeigte der Zukunftskongress. Während Steinbrück mehr Selbstbewusstsein ob der Erfolge der Agenda-Politik fordert, debattiert die Partei über die Rückabwicklung der Rente mit 67. Wohl die spannendste Frage überhaupt ist, wie es Steinbrück gelingen soll, die sozialdemokratische Seele ausreichend zu streicheln, ohne sich selbst zu verleugnen. Ganz sicher aber wird die SPD nicht mehr bis nach der Niedersachsen-Wahl warten, um Steinbrück offiziell zu ernennen. Gut möglich, dass das Anfang Dezember passiert, wenn die CDU ihren Bundesparteitag ausgerechnet im wahlkampfumtosten Hannover abhält. Damit hätte die SPD nicht nur die Merkel-Festspiele gestört, sondern ihre Kandidatenkür auch vom niedersächsischen Wahlausgang abgekoppelt. Denn dass Rot-Grün dort gewinnt und so die Blaupause für den Bund liefert, ist nicht sicher. Erst recht stehen die markigen Worte, mit denen die SPD-Granden in Berlin auf die Zukunftsfähigkeit von Rot-Grün hingewiesen haben, in einem eklatanten Widerspruch zu den Umfragewerten. Es mag sein, dass Schwarz-Gelb abgewirtschaftet hat, aber für eine rot-grüne Bundesregierung ist derzeit nirgendwo eine Mehrheit in Sicht. Doch auch für diesen Fall der Fälle, dass es nämlich nichts wird mit einer SPD-geführten Regierung, ist Steinbrück der ideale Kandidat. Wenn er verliert, kann er einfach weiter auf Vortragsreisen gehen. Die SPD aber müsste keinen Neuanfang starten: Gabriel bliebe Parteichef, und Steinmeier hätte wohl kein Problem, an Merkels Seite zu regieren. Ihr Außenminister und Vizekanzler war er ja schon einmal.
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