Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielfeld) zu Baumgartners Rekordsprung
Bielefeld (ots)
Gefährlich? Natürlich! Wer im freien Fall aus 39 Kilometern Höhe in Richtung Erde stürzt, der geht nun einmal ein nicht wegzudiskutierendes Risiko ein. Wahnwitzig? Eher nicht. Denn Felix Baumgartner war sich der Gefahr sehr bewusst, hat sie aber seiner Ansicht nach kalkulieren können. Der Österreicher hat in seinem Leben hart für dieses Ziel trainiert, sich körperlich, mental und auch technisch auf das Extremprojekt vorbereitet. Zudem wurde nichts dem Zufall überlassen. Baumgartner und sein Team haben versucht, das Risiko so klein wie möglich zu halten. Dafür spricht unter anderem, dass der Sprung mehrfach verschoben wurde, da das Wetter nicht ideal war. Ein Hasardeur hätte das vorhandene erhöhte Gefährdungspotential im wahrsten Sinne des Wortes in den Wind geschlagen. Nicht so der Österreicher. Bei ihm siegte der Verstand über das Adrenalin. Möglich war das auch, weil der finanzielle Druck nicht erdrückend war. Das mindestens 50 Millionen Euro teure Projekt war von einem Sponsor finanziert worden. Eine gute Geldanlage, wie sich aufgrund der Einschaltquoten im Fernsehen sowie der extrem hohen Zahl an Internetnutzern, die an den Computern live dabei waren, herausgestellt hat. Da sämtliche Investitionen also aus einer privaten Schatulle kamen, ist die Frage nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nach dem Sprung eigentlich unerheblich. Dennoch können Rückschlüsse unter anderem für die Raumfahrt gezogen werden. Das gilt zum einen für den von dem 43-Jährigen getragenen Raumanzug, der nach Einschätzung der Europäischen Raumfahrtagentur sehr bewegungsfreundlich ist. Zudem können Baumgartners medizinische Werte während des Überschallflugs wichtige Hinweise darauf geben, wie der menschliche Organismus auf extreme Belastungen reagiert. Klar ist auf alle Fälle, dass das Experiment nur aufgrund der akribischen Vorbereitung unfallfrei zu Ende gegangen ist. Die würde so manch anderen Freizeitabenteurern gut tun. Viele der schweren Zwischenfälle in den Bergen, die in letzter Zeit immer häufiger registriert werden, wären dann nämlich zu vermeiden. Wer meint, sich ohne entsprechende körperliche Vorbereitung den Gipfelsturm auf einen Achttausender erkaufen zu können, der wird seinen Irrtum im schlimmsten Fall mit dem Leben bezahlen. Und selbst auf den ersten Blick eher harmlose Bergtouren entwickeln sich schnell zu dramatischen Ausflügen, wenn Konstitution und Ausrüstung schlecht sind oder der Natur zu wenig Respekt gezollt wird. Baumgartner hat beispielhaft gezeigt, wie wichtig es ist, solche Dinge zu beherzigen. Und er hat bewiesen, dass der Mensch mit Willen, Beharrlichkeit und hartem Training Dinge leisten kann, die eigentlich undenkbar erscheinen. Dafür gebührt ihm Respekt. Ebenso dafür, nach diesem Erfolg auf weitere Extremsprünge verzichten zu wollen.
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