Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum US-Präsidentenwahlkampf
Bielefeld (ots)
Die armen Amerikaner! In knapp zwei Wochen müssen sie sich zwischen Mitt Romney und Barack Obama entscheiden. Denn diese Wahl ist deswegen nicht leicht, weil es so schwer ist, die Wahrheit aus der Flut an politischen Parolen herauszufiltern, die ständig auf sie herunter prasseln. TV-Wahl-Spots, Radio-Talker, gezielte Postwurfsendungen, Tür-zu-Tür-Redner und nicht zuletzt die Fernsehdebatten versuchen, die Unentschiedenen in das eigene politische Lager herüberzuziehen. US-Wahlkampf heißt auch: US-Wahlkrampf. Mit der Wahrheit nehmen es beide Lager dabei nicht sehr genau. Nun wehren sich Demokraten und Republikaner dagegen, Lügen verbreiten zu wollen. Jede Seite bezichtigt die andere, »Ungenauigkeiten« zu streuen - irreführende Verdrehungen, falsche Behauptungen, Täuschungen oder Entstellungen. Mal geht es um falsche Zahlen beim Haushaltsdefizit, dann wird beim Beschäftigungsprogramm übertrieben, oder jede Seite will die andere dämonisieren und in die sozial kalte oder geldverschwenderische Ecke stellen. Ein US-Präsidentenwahlkampf ist ein politischer Bürgerkrieg. Da wird mit harten Bandagen gekämpft. Die Fernsehdebatten zwischen Romney und Obama bieten den Vorteil, gegensätzliche Meinungen gelten zu lassen. Die Wähler können endlich einmal den Schlagabtausch von Meinung und Gegenmeinung erleben. Dennoch sollte sich niemand täuschen: Wer heute für Obama oder Romney steht, wird es auch am 6. November tun. Es geht nur noch um wenige Wechselwähler und Unentschiedene. Doch diese können wahlentscheidend werden. Das Rennen bleibt offen. Nun haben sich in den USA unabhängige Institutionen etabliert, um die Halbwahrheiten und Lügen der Politiker zu entlarven. Diese so genannten »Fact Checker« (Faktenüberprüfer) durchleuchten die angeblichen Tatsachenbehauptungen der Politiker, Parteien und Wahlkampfstrategen. Und sie werden ständig fündig. Allerdings ist der Einfluss auf das Wahlverhalten gering. Wer Obama eine zweite Amtszeit wünscht, kann mit Verdrehungen und Unterstellungen leben. Der Zweck heiligt die Mittel. Das gleiche gilt für die Anhänger der Romney-Gemeinde. Nach der dritten TV-Debatte zwischen Romney und Obama waren die Fact-Checker wieder eifrig am Werk. So konnten sie Romney der Irregularität überführen, weil er Obama bezichtigt hatte, eine »Entschuldigungsreise« durch den Nahen Osten unternommen zu haben. Fakt ist, dass Obama sich nie für die USA entschuldigt hat. Obama wiederum wurde erwischt, weil er behauptete, nie US-Truppen im Irak zurücklassen zu wollen. Fakt ist, dass er mit den Irakern über die Truppenpräsenz von 5000 US-Soldaten verhandelt hat. Der Deal scheiterte an den Irakern. Amerikanische Wahlkämpfe werden mit viel Geld, Aufwand und ideologischer Starrheit geführt. Es geht tatsächlich um viel. Schade nur, dass dabei die Wahrheit oft auf der Strecke bleibt.
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