Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Jahreswechsel
Bielefeld (ots)
Es ist aber auch verflixt in diesem Jahr: Zweimal Wochenende mit darauf folgenden Feiertagen - angesichts der ausgiebigen Weihnachts- und Neujahrsfaulenzerei beschleichen uns Deutsche beinahe schon Schuldgefühle. Wenn das mal nicht aufs Bruttosozialprodukt schlägt... Keine Sorge, das verkraftet unser Land schon noch, auch wenn sich die Konjunktur eher müde ins neue Jahr schleppt. Wirtschaftsrekorde sind 2013 wohl nicht zu erwarten, auch kein weiteres Wunder am Arbeitsmarkt. Aber das soll uns beim Rutsch ins neue Jahr nicht die gute Laune verderben. Acht von zehn Deutschen blicken nach einer Erhebung des Gesellschaftsforschers Horst Opaschowski optimistisch in die eigene Zukunft. Vor einem Jahr waren es nur zwei Drittel. Woher dieser Sinneswandel? Vermutlich können die Deutschen das Wort »Krise« einfach nicht mehr hören. »Die Menschen haben das Gefühl, dass sie in einer Ära der Dauerkrise leben: Wirtschaftskrisen, Finanzkrisen, Umweltkrisen, Bildungskrisen - es gibt ja fast nichts, was nicht krisenhaft erlebt wird«, stellt der Gesellschaftsforscher fest. Da macht sich ein gewisser Fatalismus breit. Daran sind die Medien nicht ganz unschuldig. Wenn man alle Schlagzeilen des Jahres 2012 zusammennimmt, hätte Griechenland schon dreimal pleite sein müssen und Deutschland bettelarm. Die Alarmglocken einfach mal etwas weniger laut schlagen! Das wäre ein guter Vorsatz füs neue Jahr. Doch gute Vorsätze haben zumeist eine kurze Halbwertszeit. Also werden wir auch 2013 wieder die Krise bekommen - als Schlagzeilenlieferanten sind die ansonsten recht exportschwachen Griechen mittlerweile recht zuverlässig. Wir werden gewiss den einen oder anderen Krisengipfel erleben - in Brüssel wie in Berlin. Ach ja, die Politik. Die ist natürlich wichtig, weil sie ja jede Krise meistern soll - und das bislang auch ganz gut geschafft hat. Wenn nur dieses ständige Gezänk nicht wäre. Angesichts so mancher Tiraden im Bundestag wirkt selbst Ekel Alfred in der alljährlichen Silvester-Folge von »Ein Herz und eine Seele« wie ein Ausbund an Höflichkeit. Beim Silvesterpunsch könnten einem da ganz absurde Ideen kommen. Brauchen wir die Bundestagswahl im Herbst überhaupt noch, wo doch Kanzlerin Angela Merkel ohnehin längst alle Umfragen gewonnen hat? Man könnte sie doch einfach zur ewigen Mutter der Nation erklären. Ein Jahr regiert sie dann mit der SPD, das nächste mit den Grünen, und wenn die FDP mit Zappelphilipp Rösler lange genug auf der stillen Treppe gebüßt hat, darf sie auch wieder mit ran... Das ist natürlich Unsinn. Wir werden wählen gehen, wir werden uns über absehbare weitere Rettungsmilliarden ärgern und die Ärmel hochkrempeln, damit der Laden läuft. Aber heute dürfen wir feiern. Deutschland hat es sich verdient.
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