Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur erneuten Verschiebung des Eröffnungstermins für den »Willy Brandt«-Flughafen in Berlin-Schönefeld
Bielefeld (ots)
Gesucht wird der inzwischen fünfte Eröffnungstermin für den neuen »Willy Brandt«-Flughafen in Berlin-Schönefeld. Gefunden wurde bislang nicht einmal ein Verursacher des Desasters. Denn mit der Weitergabe des Vorsitzes im Aufsichtsrat von Klaus Wowereit an Matthias Platzeck ist nichts erreicht. Der Regierende Bürgermeister von Berlin glaubt, sich so aus der Affäre ziehen zu können. Der Ministerpräsident von Brandenburg meint, mit neuen Durchhalteparolen davon zukommen. Das ist zu wenig. Denn: geflogen wird auf diesem Flughafen erst dann, wenn die Verantwortlichen fliegen - und zwar aus allen Ämtern. Wowereit und Platzeck hätten sich ein Beispiel am viel geschmähten Peter Ramsauer (CSU) nehmen können. Seit dem 18. Dezember ist intern bekannt, dass die Megapanne dräut. Es gibt einen internen Statusbericht von diesem Tage, wonach der Flughafen auch 2014 eine peinliche Dauerbaustelle übrigens auch zu Lasten des Steuerzahlers bleibt. An dem vorweihnachtlichen Krisentreffen auf der Baustelle waren die Bauherren vertreten. Deshalb konnte der Bundesverkehrsminister am 23. Dezember als Dritter und Kleinster im Bunde der Zeitung »Die Welt« sagen: »Der Miteigentümer Bund sieht Anzeichen dafür, dass der Eröffnungstermin am 27. Oktober 2013 möglicherweise nicht gehalten werden kann.« Das war mit der gebotenen Zurückhaltung formuliert. Das hätte Wowereit und Platzek alarmieren müssen. Vor allem aber hätte der Regierende von Berlin in seiner Neujahrsansprache nicht mehr sagen dürfen: »...Verantwortung wahrzunehmen bedeutet, die Dinge anzupacken. Das gilt besonders für den Flughafen. Deshalb bündeln wir alle Kräfte, um den Eröffnungstermin im Oktober 2013 einzuhalten.« Damit hat Wowereit wissentlich die Unwahrheit gesagt - und darauf steht im ungeschriebenen Buch des politischen Anstands immer noch richtiger Rücktritt. Wer nicht hören will, muss fühlen. Wowereit hat im Laufe des gestrigen Tages zu spüren bekommen, wie es ist, wenn man sich selbst den Teppich unter den Füßen wegzieht. Die Weitergabe der Verantwortung - in Wahrheit die Flucht aus derselben - währte gerade 30 Minuten. Da kündigte Platzeck an, in seinem Landtag die Vertrauensfrage zu stellen - der richtige Vorstoß, aber am falschen Ort. Für das Land Berlin kann es jetzt nur noch eine Lösung geben. Das Abgeordnetenhaus spricht dem Regierenden Bürgermeister das Misstrauen aus, sofern dieser nicht von selbst abtritt. Beides bedeutet: Neuwahlen in Berlin. Alles hängt jetzt von der Berliner CDU ab. Die gab sich gestern zunächst bedeckt. Für Landeschef Frank Henkel dürfte die Wahlfrage überlegenswert sein. Wowereit demontiert, die Steinbrück-SPD im Tief und mit dem Flughafen ein echtes Wahlkampfargument in den Händen: Plötzlich macht CDU-Politik in Berlin wieder Lust. Das hat es schon ewig nicht mehr gegeben.
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