Westfalen-Blatt: das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Israel
Bielefeld (ots)
Benjamin Netanjahu bleibt Ministerpräsident in Israel. Man muss kein Prophet sein, um dies vorherzusagen. Geht es nach den Meinungsforschern, verliert das Parteienbündnis des Regierungschefs und des zurückgetretenen Außenministers Avigdor Lieberman bei den Wahlen zur Knesset am 22. Januar fünf bis acht Mandate, doch ohne »Likud Beitenu« ist in Israel kein Staat zu machen. Nur Netanjahu kann eine einigermaßen stabile Koalition bilden. Die spannende Frage ist: Mit wem geht er ein Bündnis ein? Wegen des plötzlichen Erfolgs der national-religiösen Siedlerpartei »Jüdisches Heim« mit Naftali Bennett an der Spitze ist der Ministerpräsident im Wahlkampf nach rechts gerückt und hat abgelegene Siedlungsposten im Westjordanland besucht. Eine Koalition mit seinem ehemaligen Stabschef und zwei kleinen orthodoxen Parteien scheint machbar. Jedenfalls ist sie aussichtsreicher als die Zusammenarbeit mit der Arbeiterpartei, die sich die Sozialproteste gegen die hohen Lebenshaltungskosten zum Programm gemacht hat. Netanjahu nutzt die atomare Bedrohung aus Iran auch, um soziale Probleme aus dem Fokus zu rücken. Während Netanjahu in Europa als Hardliner und Falke wahrgenommen wird, ist in Israel rechts von ihm und seiner Likud-Partei politisch noch Platz. Das mag auch daran liegen, dass er außer Machterhalt und Sicherheit keine weiteren Ziele verfolgt. Netanjahu will den Status Quo managen, den Raketenbeschuss aus Gaza vermeiden und aus dem Westjordanland geplante Anschläge verhindern. Seinen Landsleuten will er ein relativ normales Leben ermöglichen. Und gelänge ihm das nicht, wären nicht 80 Prozent der Wahlberechtigten der Überzeugung, dass der alte Regierungschef auch der neue sein wird. Die Lösung des Konflikts mit den Palästinensern spielt im Wahlkampf praktisch keine Rolle. Wie schnell sich Israels geopolitisches Umfeld wandeln kann, zeigen die Folgen des »Arabischen Frühlings«. In der muslimischen Welt haben sich die Machtverhältnisse verschoben. Die Zeit der Baath-Partei (Irak und Syrien) ist vorbei, die Zeit der Muslimbrüder hat begonnen. Die starken Mächte von heute sind Ägypten, die Türkei und das finanzstarke Qatar. Alle drei Staaten unterstützen die Hamas im Gazastreifen. Damit hat sich der inner-palästinensische Konflikt zugunsten der Islamisten in Gaza und gegen die säkulare Fatah im Westjordanland entschieden. Die international geforderte Aussöhnung der beiden Lager gibt es nur zu den Bedingungen der Hamas. Territoriale Kompromisse interessieren die extremen muslimischen und jüdischen Konfliktparteien nicht. Zwischen Jordan und Mittelmeer akzeptieren sie nur ein Volk - ihr Volk. Besser als Yehuda Blum, ehemaliger Botschafter Israels bei den Vereinten Nationen, kann man die Lage des jüdischen Staates nicht auf den Punkt bringen: »Die arabischen Nachbarn lehnen Israel ab - mit oder ohne Siedlungen.«
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