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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Élysée-Vertrag

Bielefeld (ots)

Ob es um private oder globale Angelegenheiten geht: Es ist immer wieder gut, sich daran zu erinnern, dass das Selbstverständliche nur scheinbar selbstverständlich ist. Jahrestage helfen, sich zu erinnern. Sie geben den Hinweis, dass das, was ist, nicht immer so war - nicht nur in Nuancen anders, sondern ganz anders. Jahrestage wie jener, der die Unterzeichnung des Élysée-Vertrags würdigt, zeigen Deutschen und Franzosen: Das friedliche Miteinander, das wir heute erleben dürfen, ist von Menschen gemacht, kann von Menschen gefährdet und muss deshalb auch von Menschen bewahrt werden. Wir machen Urlaub in Frankreich, können dort ohne Aufwand studieren und arbeiten. Für einen Ausflug müssen wir nicht lange planen, selbst eine Wohnung in Paris ist von Deutschland aus innerhalb weniger Minuten gemietet. Ob man nun in den Schwarzwald oder gleich weiter nach Straßburg fährt, macht zwar bezüglich des Reiseziels immer noch einen Unterschied, nicht mehr aber, was die Reisevorbereitung betrifft. Die Nachbarschaft ist so wie sie ist für uns normal. Doch wie immer im Leben muss man sich anstrengen, damit normal gleich gut bleibt - man muss eine Partnerschaft pflegen. Das deutsch-französische Paar ist von dem Engagement mehrerer, ja von Millionen Akteuren abhängig. Da sind diejenigen, die an der Spitze beider Länder stehen. Angela Merkel und François Hollande, beide geboren 1954, haben den Krieg nicht selbst erlebt. Das macht sie nicht weniger zu Menschen, denen man den Einsatz für den Frieden abnimmt, aber doch zu Politikern, für die die Europäische Union nur noch ein notweniger Normalzustand ist. Können sie zusammen große Dinge schaffen oder zumindest große Ideen entwerfen wie es dem Duo Adenauer/de Gaulle und später Kohl/Mitterrand gelungen ist? Dann ist da die Bevölkerung. Dank der Austauschprogramme, die der Élysée-Vertrag angestoßen hat, reisen junge Menschen seit Jahrzehnten hin und her. Haben sie aber im 21. Jahrhundert, in dem die Welt scheinbar ein Dorf ist, immer noch ein Interesse daran, die Sprache und Kultur eines so nahe gelegenen Nachbarn kennenzulernen? Deutschland und Frankreich sind aneinander gebunden. Das hat wohl jeder mittlerweile verstanden. Jeder Generation muss aber aufs Neue die Notwendigkeit zur Zusammenarbeit, zum Blick über den Tellerrand, vermittelt werden. Partnerschaften brauchen Impulse. Die Zusammenführung beider Länder ist noch längst nicht an ein Ende gekommen - die Krise in Mali zeigt den Abstimmungsbedarf im Bereich der Außen- und Verteidigungspolitik. Deutsche und Franzosen mögen glauben, immer weniger aufeinander angewiesen zu sein. Doch das ist ein Trugschluss. Beide Seiten sind so stark, dass sie jeden Fortschritt in der EU blockieren können. Beide müssen sich deshalb ihrer Verantwortung stellen. Zu einem stabilen und solidarischen Europa gibt es keine Alternative.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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