Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu EU-Finanzen
Bielefeld (ots)
Zweimal verhandelt, zweimal kein wirkliches Ergebnis. Der Rahmen für alle Ausgaben der Europäischen Union soll bis 2020 960 Milliarden (zuzüglich 37 Milliarden in so genannten Schattenhaushalten) betragen. Letztlich wird die kaum vorstellbare Summe von einer Billion Euro also doch erreicht werden. Und denoch ist das Ganze nur eine Scheinlösung, um nicht zu sagen ein Taschenspielertrick.
Denn geben wollen die Beteiligten nur 908,4 Milliarden Euro. Und der Rest? Hier schweigt der vielstimmige Gipfelchor betreten. Von Angela Merkel bis François Hollande und David Cameron - allen ist die Antwort unangenehm. Sie lautet: unzulässige Schulden. Die Europäische Union ist bei allem Schlechten, das man ihr nachsagt, in Finanzfragen blitzsauber. Brüssel darf nur das ausgeben, was es in der Kasse hat. Schön, dass es das auch noch gibt.
Bisher. Und demnächst?
Hoffentlich halten Martin Schulz und das von ihm geführte Europäische Parlament Wort und lehnen das Doppel-Null-Ergebnis in Straßburg rundweg ab. Wir sollten darauf achten. Dort sitzen die von uns gewählten Abgeordneten.
Eine Ablehnung der EU-Finanzplanung durch das Parlament im April oder im Mai zwänge den Europäischen Rat entweder zu einem neuen Vorschlag oder die Union müsste sich fortan mit jährlichen Budgets behelfen - was letztlich so verkehrt gar nicht wäre. Jährlich aufs Neue zu entscheiden, was einem Europa wirklich wert ist, ist keine schlechte Übung.
Mit dem vorläufigen Gipfelergebnis und einer De-facto-Einzahlung, die der britischen Forderung von »900 Milliarden und nicht mehr« entspricht, kommen 26 Staats- und Regierungschefs dem britischen Premier David Cameron entgegen. Daheim kann der Brite sich feiern lassen als einer, der es Brüssel gezeigt hat. Und in Brüssel lässt man ihn gewähren, weil Cameron auch anderen die Kohlen aus dem Feuer geholt hat.
Der Premierminister aus der Downing Street darf sich als Sieger betrachten. Aber das darf Angela Merkel auch. Sie hatte sich sehr früh auf die Rahmenzahl 960 Milliarden als Obergrenze festgelegt. Formal wurde auch das eingehalten. Sowohl Deutschland als auch die Niederlande und die Skandinavier lassen Cameron gerne als »Troublemaker von der Insel« das Grobe abräumen. Auch so werden eigene Ziele erreicht, ohne dass man sich dafür aus dem Fenster lehnen müsste.
Weitgehende Einigkeit wurde bei den Zahlungsrabatten für einige Mitgliedsländer erreicht. Neben Großbritannien hatten Deutschland und andere Geberländer auf Kürzungen gegenüber dem November-Vorschlag bestanden und Erfolg damit. Immerhin: Die Krise in Europa hat die Gemeinschaft erstmals gezwungen, mit weniger Geld zu planen. Jetzt muss sie nur noch damit auskommen.
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