Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Wandel der Schullandschaft
Bielefeld (ots)
Schulfrieden klingt gut. Notgedrungen wird er auf landespolitischer Ebene toleriert. Befriedet ist durch den Konsens von Rot-Grün und CDU allerdings nichts in der Schullandschaft. Der Streit ist lediglich vom NRW-Landtag in die Rathäuser verlagert worden. In der Landespolitik herrscht Schulfrieden, in zahlreichen Gemeinden in NRW Schulkrieg. Es prallen Ideologien aufeinander. Dabei kann die Frage, ob die Gründung einer Sekundarschule oder Gesamtschule vorteilhaft ist, gar nicht pauschal beantwortet werden. Der Grundgedanke, in ländlichen Regionen mit Hilfe von breit aufgestellten Schulformen das Angebot vor Ort zu sichern, ist ein kluger. Nur so können auch dünner besiedelte Landstriche mithalten. Für diese Bereiche sind Sekundar- oder Gesamtschulen sinnvoll. Natürlich immer unter der Voraussetzung, dass es sich um gute Schulen handelt. Die reine Existenz von Bildungseinrichtungen reicht nicht. Die Schulen dürfen aber nicht als Mittel des Wettbewerbs unter Nachbarkommunen im städtischen Raum missbraucht werden. Nach dem Motto: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Auch die höheren Zuwendungen vom Land für Gesamtschüler dürfen kein leitendes Kriterium für eine Kommune bei der Einführung sein. Das führt zu Übereile. Und die ist niemals gut, um seriöse Konzepte für eine funktionierende Schullandschaft zu schaffen. Dazu gehört auch die umfassende Information der Eltern. Das machen die meisten Kommunen. Aber längst nicht alle. Eine Menge Erziehungsberechtigter in NRW weiß nicht, was sich hinter einer Sekundarschule verbirgt. Geschweige denn, was der Mischmasch an möglichen Varianten bedeutet. Integriert, teilintegriert, kooperativ. Da blicken wenige durch. Hier muss Aufklärung geleistet werden. Auch über die Risiken. Denn natürlich verschwinden überwiegend Haupt- und Realschulen, wenn die neuen Schulen eingeführt werden. Das gehört zur Wahrheit dazu. Da Hauptschulen insgesamt ein schlechter Ruf anhängt und die Schülerzahlen sinken, empfinden viele dies nicht als Verlust. Doch das Aussterben der Hauptschule heißt nicht das Verschwinden der Hauptschüler. Die oft exzellenten Realschulen werden in den nächsten Jahren immer mehr Schüler aufnehmen müssen, die eigentlich nicht geeignet sind. Eltern meiden eben die Hauptschule. Ob bei dieser Entwicklung die Unterrichtsqualität an Realschulen zu halten ist, darf bezweifelt werden. Für einige kann die Umwandlung also eine Chance sein. Aber nicht für alle. Zahlreiche würden zu Verlierern einer Zusammenlegung. Vom theoretischen Schulfrieden zum praktischen Schulleben ist es ein großer Schritt. Es reicht eben nicht, eine Schule für alle als das Allheilmittel zu verkaufen. So setzt man einige Gemeinden einem erbitterten Kampf der Interessen aus. Momentan gerät die NRW-Schullandschaft zu einem unübersichtlichen Flickenteppich. Das überfordert Eltern. Und trägt sicherlich nicht zu mehr Qualität im Schulsektor bei.
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