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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Zypern

Bielefeld (ots)

Mit den Milliarden für Zypern tritt der Kampf um die Euro-Rettung in eine neue Phase. Und: Das Drama ist zurück. Schonungslos wird offenbar, dass die Krise längst nicht überwunden ist. Die Ruhe, die zwischenzeitlich eingekehrt war, erweist sich abermals als trügerisch. Leider. In Zypern machen die Menschen ihrer Wut über die Konditionen des Hilfspakets Luft. Die Volksseele kocht. Es wird noch schlimmer kommen. Egal, wann die Banken wieder öffnen, der Ansturm auf die Kreditinstitute ist sicher. Die Teilenteignung aller Anleger ist in der Tat ein drastischer Schritt. Denn betroffen sind eben nicht nur jene russischen Oligarchen, die am aufgeblähten Finanzplatz Zypern ihre Millionen- und Milliardenvermögen parken und mit denen man kein Mitleid haben muss. Betroffen sind auch alle zypriotischen Durchschnittsverdiener. Wird nicht noch, wie EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zu Recht fordert, eine Sonderklausel für Kleinanleger gefunden, dürfte es zu weiteren massiven Protesten kommen. Gut möglich, dass deren Wucht noch weit über das hinausgeht, was wir aus Griechenland und Spanien kennen. Wer dafür in Deutschland kein Verständnis hat, muss sich die Frage gefallen lassen, wie er selbst reagieren würde, wenn sein Erspartes mal eben mit zusätzlich 6,75 Prozent oder gar 9,9 Prozent wegbesteuert würde. Der Verweis auf das eigene, viel solidere Wirtschaften zieht dabei nicht, hat sich doch der zypriotische Ottonormalbürger in aller Regel nicht mehr zu schulden kommen lassen als das der deutsche Ottonormalbürger von sich behaupten könnte. Dennoch ist es aus Sicht der Retter ein Akt der Gerechtigkeit, nicht allein für den Fortbestand des Euro geradestehen zu müssen. Eine Geste bloß, die aber angesichts der allgemeinen Europa-Verdrossenheit nicht unterschätzt werden darf. Viel wichtiger wäre es jedoch, die Eigentümer der Kreditinstitute in Haftung zu nehmen. Denn hier ist gerade mit Blick auf die Probleme des kleinen Zypern der Handlungsbedarf sicher am größten. Genauso gilt das übrigens für Spanien, wenn dort tatsächlich demnächst die maroden Banken aus Mitteln des ESM gestützt werden. Will man die Akzeptanz für die Milliardenhilfen im Rest Europas nicht vollends gegen Null fahren, wird man auch hier nicht umhinkommen, Aktionäre und Gläubiger in spürbarem Umfang an den Kosten zu beteiligen. Auch in Italien wird man angesichts des eigenen Schuldenstands den Fall Zypern aufmerksam verfolgen. Der Tabubruch am frühen Samstagmorgen ist kühl kalkuliert, die Botschaft der Euro-Finanzminister ganz eindeutig: Wer zukünftig von Europa Hilfe erwartet, muss selbst zu drastischen Opfern bereit sein. Das ist richtig und nur konsequent. Doch eine Frage lässt dieser Kurs unbeantwortet: Was passiert eigentlich, wenn ein Schuldner zu solchen Opfern nicht bereit ist? Nicht ausgeschlossen, dass Zypern hier noch zur Probe aufs Exempel wird.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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