Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Deutschlandtrend
Bielefeld (ots)
Peer Steinbrück oder Angela Merkel? Der Wahlkampf hat noch nicht begonnen, da ist die wichtigste Frage schon fast beantwortet. Wenn in nächster Zeit kein Wunder mehr passiert, ist nach der Bundestagswahl die jetzige auch die künftige Kanzlerin. Nach dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend erscheint dem neutralen Beobachter Merkel wie ein Riese und Steinbrück wie ein Zwerg. In der Direktwahlfrage würden sich nur 25 Prozent für Peer Steinbrück, aber 60 Prozent für Angela Merkel entscheiden. Der SPD-Herausforderer ist im Ranking der wichtigsten Spitzenpolitiker extrem abgerutscht. Nur noch 32 Prozent (minus vier) sind mit seiner Arbeit zufrieden. Das ist der geringste Wert, seit er von Nordrhein-Westfalen in die Bundespolitik gewechselt ist. Noch schlimmer für Peer Steinbrück ist aber, dass jeder dritte SPD-Wähler lieber Merkel als Kanzlerin hätte. Der Grund des Hochs der Amtsinhaberin und des Tiefs ihres Herausforderers ist mit einem einzigen Wort erklärt: Vertrauen. Genau das haben die Menschen zu Steinbrück nicht. Er kommt ihnen zu ruppig, provozierend, besserwisserisch daher. Der Typ Angreifer (Steinbrück) ist den Deutschen nicht geheuer. Sie schätzen eher den Typ Beschützer (Merkel). Insbesondere in der Staatsfinanzkrise zeigt sich, dass die Menschen »Mutti«, wie die Kanzlerin bisweilen mit einem Augenzwinkern genannt wird, vertrauen. Da Zypern fürs erste gerettet scheint, scharen sich die Bürger hinter der Amtsinhaberin. Von einer Wechselstimmung im Land ist nichts zu spüren. Peer Steinbrück ist von seinem Ziel, Wechselwähler zurückzugewinnen, meilenweit entfernt. Das Gegenteil ist der Fall. Den Sozialdemokraten bricht gerade ihre eigene Klientel weg. Noch zu klären ist, wer mit Angela Merkel regieren wird. Zwar zeichnen sich trotz des Höhenflugs der Union keine Mehrheiten ab. Aber setzt sich der Trend fort, kann Merkel sich ihren Koalitionspartner vielleicht sogar aussuchen. Peer Steinbrück hat diese »Sorgen« nicht. Er schlägt sich mit innenpolitischen Themen herum. Diese sind für die Deutschen aber offenbar nachrangig. In der Krise sind den Menschen das eigene Hemd und ihr Sparbuch näher als die Frage Steinbrücks nach einem getrennten Sportunterricht von muslimischen Jungen und Mädchen. Angela Merkel hat ihren Osterurlaub beendet. Die Veröffentlichung der Privatfotos von der italienischen Insel Ischia haben ihrem Ansehen - vorsichtig ausgedrückt - nicht geschadet. Sie haben die mächtigste Frau Europas als »eine von uns« gezeigt - ganz privat in schlabberiger Hose, ungeschminkt, bodenständig. Solche Fotos kommen an beim Volk. Sie schaffen Vertrauen. Wären von Peer Steinbrück ähnliche Bilder erschienen, hätte man ihn dafür vermutlich kritisiert. So ist das eben. Steinbrück ist Steinbrück, Merkel ist »Mutti«.
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