Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu dem Anschlag in Boston
Bielefeld (ots)
Der Terror von Boston stellt die Amerikaner auf eine Probe. Wie umgehen mit dem ersten geglückten Anschlag auf amerikanischem Boden seit dem 11. September? Um es vorweg zu nehmen: So schrecklich und unbegreiflich das Marathon-Massaker an Meile 26,2 auch ist, die Ereignisse vor mehr als zehn Jahren fühlten sich anders an. Überwältigender, überraschender, unvorstellbarer. Die eingesetzten Sprengsätze reichten aus, mindestens drei Menschen zu töten und vielen anderen Arme und Beine wegzureißen. Ihnen fehlte aber die Präzision und Zerstörungskraft, die besser organisierte Täter mit ihren Mörderwaffen erreichen können. Sicherheitsexperten sprechen von ziemlich primitiven Bomben. Kein Vergleich zu dem teuflischen Plan der El Kaida, die Flugzeuge zu Raketen umfunktionierte, die in den Symbolen amerikanischer Macht einschlugen und mehr als 3000 Menschen töteten. Die Amerikaner haben gelernt, mit der terroristischen Bedrohung zu leben. Die enorm schnelle Reaktion der Rettungshelfer in Boston, aber auch das koordinierte Vorgehen von Polizei und FBI stellten unter Beweis, dass die USA heute anders auf Anschläge eingestellt sind. Was leider nicht heißt, dass sich Angriffe generell verhindern lassen. Auch Präsident Obama hat gelernt. Während er nach dem gescheiterten Anschlag am Weihnachtstag 2009 auf ein Flugzeug in Detroit Tage lang nichts von sich hören ließ, meldete er sich diesmal nach drei Stunden zu Wort. Entschlossen, aber ohne voreilig zu urteilen. Tatsächlich kann zu diesem Zeitpunkt niemand sagen, wer für das Massaker verantwortlich ist. Es mögen Überreste oder Sympathisanten der El Kaida sein, die sich für Osama Bin Laden oder den Drohnenkrieg rächen wollen. Dafür spricht die Explosion zweier Bomben kurz nacheinander. Ein Markenzeichen der El Kaida. Keinen Sinn dagegen macht ihr Ziel. Warum sollte eine auf Symbolik fixierte Terrororganisation einen Marathon in Boston interessant finden? Umgekehrt spräche dies sehr für eine der vielen weißen Hassgruppen der USA. Deren Mitglieder sehen sich im Kampf gegen einen angeblich tyrannischen Staat. Der Steuertag und die Debatte über die Einschränkung des Zugangs zu Waffen, aber auch der bevorstehende Jahrestag von Oklahoma und Waco böten Inlands-terroristen genügend Anlässe. Am Ende könnte es sich auch um einen »einsamen Wolf« handeln, wie Einzeltäter genannt werden. Schwer auszumachen, kaum vorherzusagen und nicht einfach zu finden, stellen sie nach Erkenntnissen von Terrorabwehrexperten die größte Gefahr dar. Egal wer hinter dem Marathon-Massaker steht, - der oder die Täter haben damit nichts anderes erreicht, als den Bürgersinn und die legendäre Hilfsbereitschaft der Amerikaner zu mobilisieren. Obama sollte die Chance nutzen, die Nation zusammenzuführen.
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