Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu 150 Jahre SPD
Bielefeld (ots)
Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat einmal gesagt, die SPD erinnere ihn an ein altes Sofa, durchgesessen, mit Rotweinflecken und voller Katzenhaare. Ganz so schlimm ist die Lage der Sozialdemokraten am Tag ihres 150. Geburtstages gewiss nicht. Aber das Sofa ist zumindest in die Jahre gekommen. Die älteste Partei Deutschlands hat allen Grund zu feiern - vor allen Dingen ihre Vergangenheit. Ferdinand Lassalle, Friedrich Ebert, Kurt Schumacher, Willy Brandt und Helmut Schmidt: Sie alle stehen für ein gutes Stück sozialdemokratische Geschichte. Sie reicht von der Weimarer Republik, dem Kampf gegen die Nazis bis zur Gründung der Bundesrepublik. Diesen Aushängeschildern, zu denen auch noch Johannes Rau gehört, stehen heute und in der jüngeren Vergangenheit Rudolf Scharping, Oskar Lafontaine, Gerhard Schröder, Klaus Wowereit, Sigmar Gabriel und Peer Steinbrück gegenüber. Das zeigt, dass die einstige Arbeiterpartei ihre beste Zeit hinter sich hat und die herausragenden Persönlichkeiten der Partei längst Geschichte sind. Heute fehlen den Sozialdemokraten nicht nur Köpfe und Kompetenz, sondern auch ein klarer Kurs. Wofür steht die SPD, die früher eine Volkspartei war und nur noch von weniger als 30 Prozent gewählt wird? Heute weiß man das nicht mehr so genau. Und wo sind die Arbeiterführer, die sich als Anwälte der armen Familien, Rentner, Alleinerziehenden und der Schwachen und Hilfsbedürftigen insgesamt in Deutschland verstehen? Der Grund für die andauernde Schwäche der Partei findet sich in der Regierungszeit Gerhard Schröders und hat einen Namen: Hartz IV. Die Arbeitsmarktreform war notwendig, hat die Seele der SPD aber bis heute tief verletzt. Nicht, weil sie grundlegend falsch war, sondern weil sie schlecht umgesetzt wurde - erst zaudernd und mutlos, dann brachial und unerklärt. So ist auch zu begründen, warum Politiker wie Gerhard Schröder oder auch Peer Steinbrück innerhalb ihrer eigenen Partei so unbeliebt sind. Hinzu kommt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ihrer Politik so weit nach links gerückt ist, dass für die SPD nicht mehr viel übrig bleibt. Seit Hartz IV hat die Partei starke Mitgliedereinbußen erlitten: Zwischen 1990 und 2008 verlor die SPD 400 000 Mitglieder. Heute sind es knapp 480 000 Genossen. Das ist der niedrigste Stand seit mehr als 100 Jahren. Seit 1990 hat die Partei sich personell halbiert. Fast die Hälfte aller Mitglieder ist älter als 60 Jahre. Nur sechs Prozent sind jünger als 29 Jahre. Fast 70 Prozent der Mitglieder sind männlich. »Es gibt nichts Überzeugenderes als eine klare Überzeugung.« Diesen Satz sagte Hubertus Heil, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, kürzlich in einem Interview zum Wahlkampf 2013. Welche Überzeugung dies genau ist, blieb offen.
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