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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Einwanderung/Bertelsmann-Studie

Bielefeld (ots)

Menschen sind keine Autos. Fehlt es an letzteren, erhöht die Industrie in der Regel in kurzer Zeit ihre Produktion. Das Problem ist gelöst - und wenn nicht, wird eben aus dem Ausland importiert. Fachkräfte lassen sich nicht auf Knopfdruck produzieren. Man kann sie auch nicht von heute auf morgen in großer Zahl importieren. Deutschland hat ein Demographieproblem. Das ist lange bekannt. Viel zu lange aber geschah nichts. Ereignisse wie der Fall des Eisernen Vorhangs, Balkankrieg und Euro-Krise sorgten zeitweise für Entspannung. Sie sind aber weder planbar noch nachhaltig. Deshalb muss die Politik jetzt die Weichen neu stellen. Deutschland muss Einwanderungsland sein. Ansonsten können wir weder unseren Wohlstand noch die sozialen Errungenschaften erhalten. Noch immer herrscht in großen Teilen der Bevölkerung das falsche Bild, dass insbesondere Arme und Unqualifizierte nach Deutschland kommen, um sich für lau einen schönen Lenz zu machen. Die Zahlen der Bertelsmann-Stiftung beweisen das Gegenteil. Der Bildungsstand der Einwanderer ist höher als im Durchschnitt der übrigen Bevölkerung. Das heißt nicht, dass sich nicht auch Einwanderer weiterbilden müssen. Insbesondere sollte es Pflicht sein, die deutsche Sprache zu lernen. Sie ist Grundlage jeder Integration. Sie ist aber auch ein Nachteil im Wettbewerb mit anderen europäischen Staaten, deren Bevölkerungszahl ebenfalls zurückgeht. Deshalb kann sich Deutschland weitere Nachteile nicht erlauben. Ob hier irgendwo Asylbewerber bedroht, Ausländer angegriffen oder ausländische Journalisten vom NSU-Prozess zunächst ausgeschlossen werden: Im Ausland werden diese Nachrichten registriert, oft überzogen kritisch kommentiert. Das ist aber umgekehrt in Deutschland nicht anders. Ob richtig oder falsch: Der Ingenieur und die Krankenschwester aus Asien oder Nordafrika werden sich fragen, ob sie hier willkommen sind. Erleichterungen für Einwanderer sind darum nicht nur politisch möglich: Sie sind opportun. Dazu gehört der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft nach überschaubarer Frist. Und dazu gehört die doppelte Staatsbürgerschaft. Wir freuen uns, wenn in den USA, Russland, Kanada oder Brasilien Nachkommen deutscher Einwanderer untereinander die deutsche Sprache pflegen und das Oktoberfest feiern. Daher sollten wir nicht zu kritisch mit den Neubürgern sein. Kulturelle Vielfalt ist in einer Welt, in der die Grenzen immer durchlässiger werden, ein Gewinn. Natürlich ist die Integration vieler Einwanderer auch eine Herausforderung. Doch ohne Einwanderung werden unsere Probleme irgendwann unlösbar. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) irrt, wenn er glaubt, sie ließen sich durch Potenziale im Inland beheben. Sicher dürfen wir Langzeitarbeitslose nicht vergessen. Doch selbst ihre Reintegration in den Arbeitsmarkt wird leichter gelingen, wenn qualifizierte Einwanderer mit ihren Ideen für zusätzliche Jobs in Deutschland sorgen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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