Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Deutschlands Außenpolitik
Bielefeld (ots)
Der Krieg in Syrien entwickelt sich zum Testfall der Führungspartnerschaft, die Deutschland schon seit langem an der Seite der USA anstrebt. Bisher hatten die USA diesen Wunsch höflich registriert, aber nicht allzu viel darauf gegeben. Das ungeschickte Taktieren des damals neuen Außenministers Guido Westerwelle in Sachen Libyen versetzte den Bemühungen einen Rückschlag. Das Verhältnis zu Hillary Clinton war in der Folge von geschäftlicher Kühle geprägt. Nicht herzlich. Und schon gar keine Partnerschaft. Westerwelle bemühte sich mit dem Eifer seines Ziehvaters Hans Dietrich Genscher darum, den Eindruck zu korrigieren, den sein tollpatschiger Start hinterlassen hatte. Dass er nun fast überschwänglich vom europafreundlichen US-Außenminister John Kerry im State Department willkommen geheißen wird, zeigt, wie weit er in seinem Bemühen gekommen ist. Die neue Aufmerksamkeit in Washington verdankt der Minister aber auch den Umständen. Der Bürgerkrieg in Syrien macht die Deutschen zu wertvollen Partnern, die US-Präsident Obama und sein umsichtiges Führungsteam zu schätzen wissen. Insbesondere im Verhältnis zu Russland, das als Schutzmacht Syriens eine Schlüsselrolle für eine diplomatische Lösung des Konflikts spielt. Wenn überhaupt jemand Einfluss auf Moskau hat, sind es die Deutschen. Deswegen übernahm Westerwelle bei der Pressekonferenz mit Kerry die Aufgabe, Moskau vor der Lieferung der S-300-Raketen-Abwehrsysteme zu warnen. Seine Mahnung lautete: »Gefährdet nicht die Konferenz in Genf.« Kerry versicherte seinerseits, er werde die widerspenstigen Rebellen schon an den Verhandlungstisch holen. Waffenhilfe gebe es vorher ohnehin nicht. Die politische Schnittmenge der Partner besteht darin, dass es keine militärische Lösung des Konflikts gibt. Diktator Bashir al-Assad wird als Hauptverantwortlicher für das Blutvergießen ausgemacht. Das adelt aber nicht automatisch die zersplitterten Rebellen. Kerry und Westerwelle sehen klar, dass diese nicht Damaskus sondern Jerusalem im Visier haben. Wenn die Minister über Syrien sprechen, denken sie das Thema Israel mit. Das gilt auch für die Verhandlungen über das Atomprogramm des Iran, bei denen Deutschland mit am Tisch sitzt. Die Sicherheit Israels liegt US-Amerikanern wie Deutschen am Herzen und dient als strategische Richtschnur. Deshalb wird die mögliche Lieferung der technisch weit entwickelten S-300-Raketen ebenso als Problem gesehen wie die nukleare Bewaffnung Irans. Beides brächte das Kräfteverhältnis in der Region bedenklich aus dem Lot. Der enge transatlantische Schulterschluss hilft, aus einer verfahrenen Situation das Beste zu machen. Die eigentliche Bewährungsprobe der Führungspartnerschaft wartet, wenn die Kombination aus Sanktionen mit Biss und Diplomatie scheitert und der Region ein Flächenbrand droht. Westerwelle steht dann vor einer schwierigen Entscheidung.
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