Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Türkei
Bielefeld (ots)
Hat der Arabische Frühling die Türkei erreicht? Steht Recep Tayyip Erdogan in einer Reihe mit Husni Mubarak und anderen längst gestürzten Potentaten rund ums östliche Mittelmeer? Nein, aber zeitweilig schien es zumindest in Ansätzen so - und die weitere Entwicklung ist kaum absehbar. Die Machtbasis des türkischen Ministerpräsidenten wackelte am Samstagnachmittag in einem bislang nicht gekannten Maße. Erstmals musste der Premier Zugeständnisse machen und seine Polizei zurückpfeifen. Zugleich verhöhnte er die liberalen Massen in seinem Land, das er zugleich islamisieren und industrialisieren will. Der Aufruhr im ganzen Land hat in seiner Plötzlichkeit und Breite überrascht. Im Unterschied zu ihren arabischen Nachbarn verfügt die Türkei über Erfahrungen mit Wahlen und der Parteiendemokratie. Das sollte das Land vor radikalen Überspitzungen bewahren. Erdogan ist gewarnt. Er sollte dringend seine zahlreichen Verbote vom Alkoholgenuss bis zum Küssen in der Öffentlichkeit überdenken. Vor allem aber: Der Sultan muss seinen selbstherrlichen Führungsstil ablegen.
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