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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Besoldung von NRW-Beamten

Bielefeld (ots)

Keine Frage: Alle Beamten, die am Mittwoch symbolisch ihr letztes Hemd vor dem Landtag aufgehängt haben, verfügen daheim über mindestens zwei weitere Oberhemden, Krawatten und Jacketts. Die mittleren und höheren Staatsdiener werden auch künftig ohne Ärmelschoner auskommen, obwohl sie im Zeitraum von 2005 bis 2014 bei Besoldungsanpassungen fünfmal fast oder ganz leer ausgegangen sein werden. Die Debatten vor und im Landtag drehten sich allerdings keineswegs um ein Luxusproblem, sondern schlicht und einfach um Gerechtigkeit, angemessene Bezahlung für anständige Arbeit und die in NRW ständig strapazierte Landesverfassung. Normenkontrollklagen der Opposition, die juristischen Schritte der Verbände und die Musterklagen einzelner Betroffener, bei denen sogar der Landesfinanzminister mithelfen möchte, werden die rechtliche Seite klären. Bis zum Urteil in Münster dürften zwei Jahre ins Land gehen. Kurioserweise werden die Verfassungsrichter dort über ihre eigene Nullrunde befinden müssen. Wie auch immer. Selbst wenn am Ende Nachzahlungen anstehen sollten, ist der Ärger für die rot-grüne Landesregierung immens. Wie konnte der Ministerpräsidentin ein so fundamentaler Stockfehler im Regierungsgeschäft unterlaufen? Bislang galt Hannelore Kraft als Lichtgestalt, gestern lauteten die Parolen vor dem Landtag: »Das letzte Hemd für Lügenhanni«. Was also läuft so schrecklich schief? Keine drei Monate vor der Bundestagswahl muss die Landesmutter spießrutenlaufen, egal vor welcher Behörde sie auftaucht. Ganz einfach: Kraft ist Opfer ihrer eigenen politischen Botschaft. Die Überzeugung, dass starke Schultern mehr tragen können als schwache, kommt gut an, solange sich die Zuhörer als Nehmer, nicht als Geber verstehen dürfen. Längst wird auch in der Mitte der Gesellschaft kräftig abkassiert. Die politische Mechanik, wonach man oben nehmen kann, um unten zu geben, hakt nach Jahren permanenter Umverteilung. Längst reicht die zuerst von Gregor Gysi proklamierte Millionärssteuer nicht mehr aus, um all die Versprechen weiter unten im Volk zu bezahlen. Auch SPD und Grüne schmücken die insgesamt sieben Steuer- und Abgabenerhöhungen in ihren Wahlprogrammen damit, dass 90 Prozent der Bürger davon nicht betroffen seien. Die Realität sieht anders aus. In NRW beginnt der Zwangsabzug bei 2700 Euro Eingangsgehalt. Die grüne Forderung nach Verzicht auf das Ehegattensplitting trifft bestimmte Seniorenpaare mit weniger als 2000 Euro Rente, und das Abkassieren per Stromrechnung findet ohne jede Sozialstaffel statt. Das ist es, was die Menschen ärgert und sich mit Grausen von der Politik abwenden lässt. Und dabei ist noch nichts über die Verschuldung der künftigen Generationen ausgesagt, während die Heutigen mit den höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten nicht zurechtkommen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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