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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Doping im Spitzensport

Bielefeld (ots)

Hereinspaziert, meine Damen und Herren. Herzlich willkommen im Zirkus Spitzensport: Menschen, Rekorde, Sensationen. Bejubeln Sie den schnellsten Mann oder die stärkste Frau des Globus und staunen Sie über Ausdauerleistungen, wie sie die Welt noch nie gesehen hat. Wie unsere Sport-Artisten das machen? Wir wissen es nicht und wollen es gar nicht wissen. Hauptsache: schneller, höher, weiter. Manege frei, die Show beginnt. Ja - auch so könnte der globale Spitzensport präsentiert werden. Und das würde er wohl auch, wenn - wie nach der jüngsten Dopingwelle in der Leichtathletik häufig gefordert - der Gebrauch leistungssteigernder Mittel im Profisport freigegeben würde: Wenn alle gedopt sind, dann kann man es doch gleich gestatten. . . Schon vor Jahren hatte Olympiasieger Robert Harting, obwohl eindeutig im Kampf gegen das Doping verankert, einen ähnlichen Gedanken geäußert: »Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, Doping in irgendeiner Form zu erlauben, so knallhart sich das anhört. Dann würde sich zumindest niemand mehr aufregen«, sagte der streitsüchtige Diskuswerfer in einem Interview. Und bekam Streit. Denn der Zirkus taugt nicht als Modell für den Spitzensport, wie wir ihn in Europa kennen. Natürlich wird der Sport von insgesamt neun Bundesministerien in diesem Jahr mit 250 Millionen Euro gefördert, weil es darum geht, im weltweiten Vergleich bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften gut abzuschneiden. Aber das Geld steht auch deshalb bereit, weil durch den Sport gesellschaftlich anerkannte und relevante Werte wie Leistungsstreben, Fairplay, Respekt, Sozialkompetenz und nicht zuletzt Gesundheit auf spielerische Art vermittelt werden können. Allein aus gesundheitspolitischer Sicht wäre eine Lizenz zum Dopen ein verheerendes Signal im staatlichen Kampf gegen den Missbrauch von Drogen jeglicher Art. Nein, die Freigabe von Doping ist bestenfalls eine theoretische Möglichkeit, eine Lösung ist sie gewiss nicht. Dafür müssen sich Staat und Sport noch gewaltig abstrampeln. Das Auffliegen der Jamaika-Connection mag zwar ein ermutigendes Zeichen sein, mehr als ein Etappensieg ist es nicht. Schon heute wird überall in der Welt weiter fleißig eingeworfen - und das bestimmt nicht zum Wohle des Sports und schon lange nicht nicht nur auf Jamaika oder in den USA. In Deutschland hat der organisierte Sport bislang nicht bewiesen, dass er das Übel Doping in den Griff bekommen kann und will. Allerdings lässt auch die Politik die nötige Entschlossenheit vermissen. Alle bisherigen Versuche, Dopingvergehen endlich zum Straftatbestand im Bürgerlichen Gesetzbuch zu verankern, waren halbherzig und haben nicht zum Ziel geführt. Doping ist in Deutschland im Prinzip weiterhin Privatsache. Das muss sich ändern. Denn die Welt der Illusionen gehört in den Zirkus.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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