Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Papst beim Weltjugendtag
Bielefeld (ots)
Dieser Papst ist anders. Was er bei seiner ersten Auslandsreise in Brasilien gesagt hat, wurde noch vor wenigen Jahren nicht nur in Südamerika als Aufruf zur Rebellion aufgefasst. »Macht Krach«, ruft er der Jugend aus seiner argentinischen Heimat zu. »Findet euch nicht mit Korruption und Ungerechtigkeit ab«, sagt das Oberhaupt von 1,2 Milliarden Katholiken beim Weltjugendtag in Brasilien. Auch in Südamerika ist Papst Franziskus in seinem Element: als Freund der Armen und Ausgegrenzten. Anfang des Monats besuchte er die italienische Flüchtlingsinsel Lampedusa und rief Europa zu Solidarität und Mitleid auf, in Brasilien zeigt er deutlich, wer und was ihm wirklich wichtig ist. Er besucht die Ärmsten der Armen in ihren Elendsquartieren von Rio de Janeiro, trifft sich mit Häftlingen und Drogensüchtigen. Auch wenn Hunderttausende den Papst fast wie einen Popstar feiern - Franziskus bleibt seiner Linie treu und erliegt nicht der Versuchung, seine Zuhörer mit bequemen Botschaften zu umschmeicheln. Seit seiner Wahl zum Papst ermuntert er die Priester dazu, das bequeme Sofa zu verlassen und an den Rand der Gesellschaft zu gehen, in Brasilien zeigt der Papst, wie er sich das vorstellt. Franziskus warnt vor der Ausgrenzung. Was für viele Ältere bereits Realität sei, drohe auch Millionen von arbeitslosen Jugendlichen: als vermeintlich nutzlose Gruppe an den Rand gedrängt zu werden. Jugendliche, die keine Arbeit hätten, verlören ihre Würde. Diese Worte erhalten in Brasilien eine besondere Bedeutung. Noch vor wenigen Wochen demonstrierten Hunderttausende für ein gerechteres Leben, für mehr Bildung und gegen die Korruption. Bei den Sozialprotesten verschanzten sich die Regierenden hinter hohen Mauern und ließen sich von schwer bewaffneten Soldaten und Polizisten schützen. Das hatte der Papst nicht nötig. Mit einem Kleinwagen fuhr er durch Rio und ließ sich feiern. Ein Triumphzug für Franziskus und seine Botschaft: »Der Papst ist mit euch.« Im Vorfeld des Weltjugendtages war noch befürchtet worden, die gewaltsamen Auseinandersetzungen könnten das Fest des Glaubens stören. Nur wenige haben in diesen Tagen demonstriert. Die Jugend will hören, was ihnen der Papst zu sagen hat. Auch das ist ein Erfolg. Von dem Motto »Ruhe ist die erste Bürgerpflicht« hält dieser Papst wenig. Offen ruft er die Gläubigen auf, sich in die Politik und die Gesellschaft einzumischen, um den »vielen Ungerechtigkeiten ein Ende zu bereiten«. Was er damit meint, sagt er in einem Krankenhaus für Drogensüchtige: Die Freigabe von Rauschmitteln löst kein Problem. Es gehe vielmehr darum, die Ursachen zu beseitigen, die die Menschen dazu verleitet, überhaupt Drogen zu nehmen. Dieser Papst ist wirklich anders, erfrischend anders.
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