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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Snowden und die Folgen

Bielefeld (ots)

Ein Staat zwingt eine Firma, ihre Technik zu verschlechtern, damit E-Mails leichter vom Geheimdienst gelesen werden können. Die so Drangsalierten schließen lieber ihren Laden, als sich und ihre Technik missbrauchen zu lassen. Ein Konkurrent tut das Gleiche - aus Solidarität und Sorge, unter ähnlichen Repressalien leiden zu müssen. In einem anderen Land wird die Redaktion einer Zeitung durchsucht, die Missstände im eigenen und in einem befreundeten Land aufgedeckt hat. Recherchenmaterial muss vernichtet werden - in Anwesenheit von Beamten des dortigen Geheimdienstes. Nein, diese Geschichten spielen nicht in Russland oder Nordkorea, sondern in den USA und Großbritannien. Jenen Ländern, die sich lautstark gegen das Anti-Homosexuellen-Gesetz in Russland positionieren, was begrüßenswert ist, aber die Rechte aller in ihrem Land lebenden Bürgern missachten. Und in befreundeten Ländern. Es herrscht eine erschreckende Lethargie im Umgang mit dem Ausspähskandal, den Whisleblower Edward Snowden publik gemacht hat. Ist Massenbespitzelung wirklich ein Kavaliersdelikt, ist Sicherheit ein Supergrundrecht, dass alle anderen Grundrechte schlägt? In bitte welcher Verfassung steht das? In den USA gibt es Geheimgerichte, deren Richter tausende Rechtsverstöße abgesegnet haben. Sie werden nicht zur Rechenschaft gezogen. Und wie reagieren deutsche Minister, die auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung ihren Eid abgelegt haben? Sie reisen in die USA, schlagen die Hacken zusammen und erklären, es sei alles geklärt. Mit dem Verweis auf Gefahren, mal sind es die Rechten, mal die Linken, mal die Terroristen, mal die Islamisten, mal die ... - setzen Sie hier ein, was Sie mögen -, wird an den Grundrechten rumgeschraubt. Nun, sie werden nicht beerdigt, nur für eine gewisse Zeit außer Kraft gesetzt. Und wenn es keiner merkt, braucht man sie eigentlich denn noch so wirklich? Natürlich muss sich auch ein demokratischer Staat gegen Angriffe wappnen. Das ist eine Binsenweisheit. Aber genauso selbstverständlich sollte es sein, dass in einer Demokratie - anders als in einer Diktatur - die Abwägung zwischen den Rechten sorgfältiger und vor allem transparenter verläuft. Und ein paar Dinge gehen eben gar nicht. Im Land der Freiheit reagiert derzeit aber die Angst, die nüchternes Handeln offensichtlich ausschließt. So werden zudem seit Jahren Menschen ohne Anklage weggesperrt. Drohnen töten Menschen in fremden Länder, nur weil sie eine Bedrohung sein könnten. Gerne wird in diesem Zusammenhang gesagt: Ich habe ja nichts verbrochen, ich habe nichts zu befürchten. Sind Sie sich da so sicher? Und vor allem: wie lange noch?

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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