Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Syrien
Bielefeld (ots)
Das Schlagen der Kriegstrommeln in Washington ist nicht mehr zu überhören. Wenn der Eindruck nicht täuscht, hat der Countdown für einen Militärschlag gegen das syrische Regime begonnen. Widerwillig sieht sich der Friedensnobelpreisträger im Weißen Haus gezwungen, zum letzten Mittel der Politik zu greifen; nicht um sich in einen Bürgerkrieg einzumischen, dessen Fronten unscharf sind. Vielmehr geht es darum, die Glaubwürdigkeit der Supermacht zu schützen, die nach dem wiederholten Einsatz von Chemiewaffen in Syrien auf dem Spiel steht. Barack Obama hatte das Regime in Damaskus vor einem Jahr gewarnt, diese Schwelle nicht zu überschreiten. Während der Beweis bei kleineren Attacken schwerfiel, sind sich die Amerikaner nach dem Giftgasangriff auf ein Wohngebiet vor den Toren der syrischen Hauptstadt sicher. Die Verantwortung für hunderte Tote und tausende Verletzte liege bei Diktator Bashir al-Assad. Alle vorliegenden Hinweise deuten in diese Richtung. Die Rebellen haben nach US-Erkenntnissen weder die Munition noch die Raketen, diese mit so teuflischer Präzision zu verschießen. Das betroffene Gebiet gilt als Hochburg des sunnitischen Widerstands und ist für Assad von strategischer Bedeutung. Hinzu kommen übereinstimmende Augenzeugen- und Geheimdienstberichte verschiedener Staaten. Weil der Vorwurf so zentral für die Rechtfertigung für den Einsatz von Gewalt ist, muss Washington mehr tun, als Indizien-Ketten aufzustellen. Wie das enden kann, weiß niemand besser als Colin Powell, der vor den Vereinten Nationen Massenvernichtungswaffen in Irak »bewies«, die es tatsächlich aber gar nicht gab. Während die Bush-Regierung damals nach einem Grund suchte, gegen Saddam Hussein in den Krieg zu ziehen, wehrte sich Obama bisher mit Händen und Füßen dagegen, in einen weiteren Nahost-Konflikt hineingezogen zu werden. Bei den kriegsmüden Amerikanern kann er damit nicht punkten. Und strategisch haben die USA nicht das geringste Interesse, der falschen Seite zu helfen. Ein Patt zwischen Assad-Truppen und El-Kaida-nahen Kämpfern liegt eher im strategischen Interesse der Amerikaner. Dass die USA nur darauf warteten, in Syrien einzugreifen, ist eine absurde Vorstellung. Obama wäre ein Krieger wieder Willen. Doch moralisch und politisch bleibt ihm nicht viel anderes übrig, als eine begrenzte Strafaktion durchzuführen. Hoffentlich mit dem Segen des Sicherheitsrats. Schließlich müssen auch die Russen ein Interesse daran haben, das Verbot des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen durchzusetzen. Während sich die Vergeltung gegen Damaskus richtet, sitzt der Adressat der politischen Botschaft eines Militärschlags in Teheran. Auch dort gibt es eine »rote Linie«, die in diesem Fall der Bau einer eigenen Atombombe ist. Wenn Obama in Syrien Schwäche zeigt, hat die Diplomatie in Iran verloren.
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