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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum TV-Duell

Bielefeld (ots)

Kein »Tatort« in der ARD, kein Liebesfilm im ZDF, kein Kino-Blockbuster bei RTL: Wer am Sonntag um 20.30 Uhr durchs Fernsehprogramm zappt, sieht immer dieselben Hauptdarsteller: Angela Merkel und Peer Steinbrück. Gleich vier der wichtigsten Sender übertragen das TV-Duell der beiden Spitzenpolitiker, nämlich ARD, ZDF, RTL und Pro7. Ein TV-Sender hätte auch gereicht, aber das lässt das kleinkarierte Proporzdenken der öffentlich-rechtlichen Anstalten und der privaten Konkurrenz nicht zu. Alle wollen sich damit schmücken, das Kanzlerduell übertragen zu haben. Am Montag werden sie dann die hohen Einschaltquoten feiern, schließlich wollen 52 Prozent der Deutschen nach einer Umfrage den Schlagabtausch zwischen der Kanzlerin und ihrem Herausforderer live mitverfolgen. Man könnte das Ganze als kurios belächeln - so wie die unverständliche Praxis, dass ARD und ZDF gleichzeitig von den Olympischen Spielen berichten, obwohl es reichen würde, wenn nur ein Reporterteam hinführe und unsere Gebühren ausgibt. Aber wenn es um das Kanzlerduell geht, ist die Vierfach-Übertragung nicht nur albern, sondern auch irreführend. Da will zum Beispiel Pro7 plötzlich den Eindruck erwecken, als sei Politik im Programm wichtig. Die Münchner brüsten sich damit, dass »ihr« Stefan Raab den wichtigsten Politikern kritische Fragen stellt. Dabei findet politische Information ansonsten so gut wie gar nicht statt. Das jüngst erschienene »Jahrbuch Landesmedienanstalten und privater Rundfunk in Deutschland« beweist es. Bei den Programmanalysen fand die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten (ALM) heraus: »Politische Informationen finden sich in den Programmen von Pro7 und Kabel1 in einem Umfang von weniger als drei Minuten pro Tag.« Bei Sat1 sind es 18, bei RTL 20 Minuten, bei Vox fünf und bei RTL2 ganze 3,5 Minuten. Pro7 ist eine Abspielstation für US-Sitcoms und Filme - warum auch nicht? Mit dieser Strategie fährt der Sender gut, aber er sollte bitteschön nicht gleichzeitig so tun, als ob Politik plötzlich für ihn wichtig wäre. Angesichts der Zahlen klingt es schon kurios, was der Pro7/Sat1-Vorstandschef Thomas Ebeling im Juni sagte: »Wir sind davon überzeugt, dass es als Medienkonzern unsere Aufgabe ist, die demokratische Gesellschaft in Deutschland zu stärken.« Mit Nachrichtensendungen, die auf Infotainment setzen, und Raabs Polittalkshow »Absolute Mehrheit« ist es aber nicht getan, Herr Ebeling. Um Klartext zu reden: Die Übertragung des Duells Merkel gegen Steinbrück soll das Image des Unterhaltungssenders aufpolieren - nichts weiter. Zum Vergleich: Laut ALM-Studie brachten ARD und ZDF im vergangenen Jahr täglich zwischen 2,5 und vier Stunden Politik. Fazit: Dass vier Sender das TV-Duell übertragen, ist überflüssig und erweckt beim Zuschauer einen falschen Eindruck.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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