Westfalen-Blatt: das Westfalen-Blatt (Bielefeld) zur Bayern-Wahl
Bielefeld (ots)
Die CSU hat die Verhältnisse im Freistaat eindrucksvoll zurechtgerückt. Dank satter Mehrheit wieder alleinige Regierungspartei in Bayern mit entsprechend starker Stimme im Bund: Dieses Ergebnis mag nach den letzten Umfragen kaum überraschen - doch es ist alles andere als selbstverständlich. Dieser Erfolg ist vor allem ein Erfolg Horst Seehofers: Es ist sein persönlicher Triumph. Leicht hätte es für die CSU nach dem Debakel von 2008 weiter bergab gehen können. Als Seehofer das erfolglose Duo Günther Beckstein und Erwin Huber ablöste, sprach viel dafür, dass Bayern auf dem Weg zu »normalen« politischen Verhältnissen ist und die absolute Mehrheit für die CSU für alle Zeiten verloren sein wird. Doch mit maximaler programmatischer Wendigkeit und einem ordentlichen Maß an Populismus hat Seehofer das Blatt gewendet. Natürlich müssen all jenen die Haare zu Berge stehen, denen an Verlässlichkeit und klaren Positionen gelegen ist. Den alten und neuen bayerischen Ministerpräsidenten aber rühren solche Vorhaltungen nicht an. Er stilisiert sich als moderner Volkstribun und sagt: »Ich werde mich nicht dafür entschuldigen, Politik für die Bevölkerung zu machen.« Worin diese Politik dann besteht, ist eine andere Frage - wie seine zahlreichen Kehrtwenden beweisen. Bei Seehofer weiß man nie, woran man ist. Doch die Bayern folgen ihm - quer durch alle soziale Schichten, quer durch alle Altersgruppen. Auch interessant: Der Sieg der CSU gründet wesentlich darauf, dass sie viele Nichtwähler mobilisieren konnte. Nun muss Seehofer nicht mal mehr formal auf einen Koalitionspartner Rücksicht nehmen. Zudem kann die CSU den Generationswechsel an ihrer Spitze aus einer Position der Stärke gestalten. Mit Ilse Aigners Rückkehr in die Landespolitik gibt es dafür eine interessante Option mehr. Auf Karl-Theodor zu Guttenberg dagegen wartet kaum jemand - auch das hat Seehofer geschafft. Was aber bedeutet diese Bayern-Wahl für die Bundestagswahl am nächsten Sonntag? Alles und nichts. Die CDU kann sich über den erhofften Rückenwind freuen, muss aber zugleich die trügerische Sicherheit fürchten, die Seehofers Erfolg und Angela Merkels Beliebtheit zusammen liefern. Und die Aussicht auf einen noch lauteren CSU-Chef schafft auch kein Wohlgefühl. Die FDP hingegen schleppt den Ballast der Schlappe in die letzte Wahlkampfwoche, erhöht damit aber - wenn auch ungewollt - den Mitleidseffekt seitens der Unionswähler. Die Zweitstimmenkampagne wird an Fahrt aufnehmen. SPD und Grüne schließlich sind einmal mehr ernüchtert und reden sich erwartungsgemäß mit den »speziellen bayerischen Verhältnissen« raus. Immerhin weiß die Opposition nun, dass ein populärer und beliebter Spitzenkandidat, wie es Christian Ude in Bayern zweifellos war, nicht reicht. Aber in dieser Hinsicht besteht ja bei Peer Steinbrück ohnehin keinerlei Gefahr.
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