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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Etatstreit in den USA

Bielefeld (ots)

Bei dem Streit um die Staatsfinanzen in Washington steht weit mehr auf dem Spiel als der mögliche Staatsbankrott. Falls sich die Republikaner im Repräsentantenhaus nicht mit den Demokraten im Senat und dem Weißen Haus auf eine Anhebung der Schuldendecke verständigen, droht eine handfeste Verfassungskrise. Schon jetzt versucht der eine Teil der Regierung den anderen zu erpressen und nimmt das Gemeinwohl dabei zur Geisel. Eine Situation, die eher an eine Bananen-Republik erinnert als an eine Musterdemokratie. Möglich macht es ein Präsidialsystem, das die Regierungsverantwortung zwischen dem Weißen Haus und dem Kongress teilt. Der Präsident bestimmt die Außen- und Sicherheitspolitik, der Kongress hat die Initiative bei den Staatsfinanzen. Beide können sich auf den Volkswillen berufen. Im Unterschied zur parlamentarischen Demokratie, in der die Mehrheit regiert und die Minderheit die Opposition stellt, sind die Führer in Senat und Repräsentantenhaus Teil der Regierung. Geteilte Macht ist in den USA der Normalfall. Das System funktionierte so lange reibungslos, wie Demokraten und Republikaner ideologisch kaum festgelegt waren. Mit der Wahl Ronald Reagans begann eine politische Neuordnung. Die Demokraten entwickelten sich zu einer Partei der Metropolen und Küsten, der Frauen, weniger Betuchten und besser Gebildeten sowie zum Sammelbecken ethnischer Minderheiten. Die Republikaner mutierten zu einer überwiegend weißen Partei des Südens, Westens und vor allem des ländlichen Amerikas. Sie sind heute Heimat religiöser Fundamentalisten, neokonservativer Falken, wohlhabender Geschäftsleute und libertärer Staatsverächter. Während die Demokraten politisch links der Mitte blieben, brachte der Advent der Tea-Party den Republikanern einen weiteren Rechtsruck. Diese nahmen gezielt moderatere Amtsinhaber aus Wahlkreisen in den Blick, die republikanische Mehrheiten garantieren. Die Verfassungsväter konnten nicht ahnen, dass sich Politiker eines Tages sprichwörtlich ihre Wähler aussuchen, indem sie maßgeschneiderte Wahlkreise schaffen. Diese Entwicklungen führen zu der unversöhnlichen Frontstellung, die zur Verfassungskrise wachsen kann. Der Politologe Juan Linz hatte immer wieder vor Fehlern in Präsidialsystemen gewarnt. Die USA blockieren sich permanent selbst, weil eindeutigen Regeln fehlen, wie Konflikte zwischen Teilen der Regierung gelöst werden. Nur soviel lässt sich mit Gewissheit sagen: Die Verfassung basiert auf Kompromiss und nicht auf einer Kultur der politischen Geiselnahme. Deshalb muss Präsident Barack Obama in der Fiskalkrise hart bleiben. Falls es Schule machte, Änderungen an bestehenden Gesetzen mit Drohungen gegen das Gemeinwohl zu erzwingen, wird die Supermacht unregierbar. Darüber gibt es nichts zu verhandeln.

Pressekontakt:

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Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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