Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Atomabkommen mit dem Iran
Bielefeld (ots)
Die Vereinbarung mit dem Iran ist ein Zwischenschritt. Nicht mehr und nicht weniger. Sie verschafft der Diplomatie ein halbes Jahr Spielraum, zu einer dauerhaften Lösung im Streit um das Atomprogramm zu gelangen. Während die fünf Mitglieder des Sicherheitsrats und Deutschland mit Iran weiter über ein Nuklearabkommen verhandeln, wird das iranische Programm auf dem jetzigen Stand eingefroren und teilweise zurückgefahren. Dazu gehört die Umwandlung von höher angereichertem Uran in eine für den Bau von Atomwaffen unbrauchbare Oxid-Form. Außerdem verspricht Teheran, die Arbeiten an dem Plutoniumreaktor einzustellen. Am wichtigsten aus Sicht der Staatengemeinschaft sind die neuen Kontrollen. Die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde erhalten täglich Zugang zu den Atomanlagen in Natanz und Fordo. Das ermöglicht eine Überwachung, die garantiert, dass Iran die Verschnaufpause nicht nutzt, sein Programm heimlich voranzutreiben.
Im Gegenzug erhält das Regime nicht viel. Die Lockerung der Sanktionen machen insgesamt nicht mehr als sieben Milliarden Dollar aus. Wobei der größte Teil davon aus der Freigabe im Ausland eingefrorener Guthaben des Iran in Höhe von 100 Milliarden US-Dollar besteht. Unberührt bleiben die andauernden Verluste aus dem Ölgeschäft, das nach wie vor strikten Beschränkungen unterliegt. Über die Dauer der Interims-Vereinbarung wird der Gottesstaat allein auf weitere 30 Milliarden Dollar an potentiellen Einnahmen aus den Rohstoffverkäufen verzichten müssen.
Aus amerikanischer Sicht stellt das Zwischenabkommen den Reformwillen der neuen iranischen Führung auf die Probe. Es ist ein risikofreier Test, der die Ernsthaftigkeit Irans prüft. Von einem Zerbröseln des Sanktionsregimes kann nicht die Rede sein. Tatsächlich handelt es sich um ein Zuckerchen, das den iranischen Unterhändlern hilft die Vereinbarung daheim zu verkaufen. Nichts ist beschlossen, solange nicht alles vereinbart ist, betont Barack Obama, der die Kritik an der Interims-Vereinbarung aus Israel, Saudi Arabien und einigen Golfstaaten zurückweist.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sollte konstruktiv auf Obamas Einladung reagieren und mit dem Weißen Haus über die Ziele für ein dauerhaftes Abkommen konsultieren. Stattdessen unspezifische Drohungen zu ventilieren oder zu versuchen, über den Einflussnahme auf den US-Kongress die Vereinbarung zu unterminieren, schadet seiner Sache nur. Die Welt ist mit dem historischen Durchbruch von Genf ohne Zweifel sicherer geworden als vorher.
Dennoch fängt die eigentliche Arbeit jetzt erst an. Geklärt werden muss nun das knifflige Problem, Iran die friedliche Nutzung der Atomenergie möglich zu machen und dabei gleichzeitig auszuschließen, dass sie für militärische Zwecke missbraucht wird. Das Zwischenabkommen von Genf gibt der Diplomatie eine Chance. Hoffentlich kann sie genutzt werden.
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