Westfalen-Blatt: zum Thema Familienpolitik:
Bielefeld (ots)
Drei von sechs Ministerposten der SPD werden von Frauen besetzt werden. Das hat der Parteichef Sigmar Gabriel verlauten lassen. Mehr nicht. Aber das reicht, um Manuela Schwesig als künftige Familienministerin zu sehen. An der 39-jährigen Ministerin für Soziales, Arbeit und Gleichstellung in Mecklenburg-Vorpommern und stellvertretenden Bundesvorsitzenden kommt niemand vorbei, auch Angela Merkel nicht. Sie abzulehnen, käme einem Affront gegen Frank-Walter Steinmeier gleich, der sie unterstützt. Für die Familienpolitik wäre die Berufung der gelegentlich als »Küsten-Barbie« verniedlichten Ostpolitikerin eigentlich keine Wende. Die Familienpolitik ist seit dem Ende der Ära Kohl sozialdemokratisch geprägt. Ursula von der Leyen hat die Politik ihrer Vorgängerin Renate Schmidt nur fortgesetzt und ihre Partei mit ihrem ewigen Lächeln und als »siebenfachste Mutter der Nation« (Spiegel) regelrecht geblendet. Die Politik aber wurde von zwei, drei Mitarbeitern des Ministeriums, die sie als Schlüsselfiguren übernommen hatte, weiter geprägt. Das heißt: Die Union ist damals auf den Kurs der SPD eingeschwenkt, hat das Elterngeld umgesetzt und die geplante Krippenoffensive gestartet. Das Ideal waren und sind seither die doppelverdienenden Eltern, die ihr Kind so früh wie möglich in die Krippe geben und somit der Wirtschaft weiterhin zur Verfügung stehen. Das Kindeswohl sah man in den »professionellen Händen« von Vater Staat am besten gewährleistet. Einwände aus der Bindungs-und Hirnforschung wurden mit Studien und publizistischem Begleitfeuer weggefegt. Auch die Kirchen leisteten kaum Widerstand. Im Gegenteil, Zentralkomitee, Caritas und manche Diözesen stimmten in den sozialdemokratisch gestimmten Familienchor ein. Laute Einfalt der Wirtschaftsfunktionäre übertönte alles. Kristina Schröder setzte als Nachfolgerin von der Leyens zwar zaghaft ein paar eigene Akzente, die eine Wende hin zu mehr Familie und deren wirklichen Bedürfnissen anzeigten. Aber sie konnte sich nicht wirklich durchsetzen. Das verdeutlichte schon das Ergebnis der Gesamtevaluation der familienpolitischen Leistungen, die nachweislich vorgegebene und falsche Zahlen in die Welt setzte. Einzig die CSU hielt all die Jahre dagegen und setzte schließlich mit dem Betreuungsgeld auch familiengerechte Ansätze durch. Mit Manuela Schwesig würde eine verheiratete Mutter das Erbe dieser sozialdemokratisch durchwirkten Politik antreten. Sie ist pragmatisch genug, nicht mehr gegen das Betreuungsgeld zu wettern. Sie wird die Linie der arbeitsmarktorientierten Familienpolitik fortsetzen. Von ihrer christlichen Gesinnung (vor drei Jahren ließ sie sich gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem kleinen Sohn evangelisch taufen) sollte man sich nicht allzu viel versprechen. Die Zeiten christlicher Familienpolitik sind längst vorbei.
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