Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Obama
Bielefeld (ots)
Bei seiner Rückkehr aus dem Weihnachtsurlaub auf Hawaii erwarteten Barack Obama eisige Temperaturen. Nicht nur wettermäßig, sondern auch politisch gibt es in Washington wenig an dem sich der US-Präsident zu Beginn seines sechsten Jahres im Weißen Haus erwärmen kann. Obamas Umfragewerte bewegen sich um die 40-Prozent-Marke. Wobei die Abwanderung von Unabhängigen, aber auch enttäuschten Demokraten den rasanten Abstieg auf der Beliebtheitsskala erklärt. Die Serie an Pleiten, Pech und Pannen beim Start der Gesundheitsreform hat ernsthaft die Frage aufgeworfen, wie gut sich der Präsident wirklich auf die Kunst des Regierens versteht. Die Republikaner mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus dürften Obama noch weniger entgegenkommen als in den vergangenen Monaten, in denen die Supermacht durch eine Selbstblockade wie gelähmt war. Im November stehen die »Midterms« genannten Kongresswahlen an, die mehr Konfrontation als Kooperation erwarten lassen. Obama beginnt das neue Jahr so gesehen in einer ungewohnten Position. Die Erwartungen für den früheren Hoffnungsträger sind so niedrig, dass er sie kaum unterbieten kann. Paradoxerweise ist das politisch ein Plus für den Präsidenten, dem ein neues Berater-Team zur Seite steht. Angeführt wird es von Bill Clintons ehemaligem Stabschef John Podesta, der reichlich Erfahrung in der Zusammenarbeit mit einem auf Krawall eingestellten Kongress sammeln konnte. In den diesen Tagen versucht Obama ein paar schnelle Punktgewinne zu erzielen. Die Bestätigung seiner Kandidatin für die Spitze der US-Notenbank FED Janet Yellen im Senat könnte ihm ebenso Rückenwind verleihen, wie die erwartete Freigabe der Haushaltsmittel nach dem Ende des Jahres erreichten überparteilichen Budget-Kompromisses. Mitte des Monats wollte der Präsident dann in einer Grundsatzrede Konsequenzen aus der NSA-Affäre ziehen und Reformen vorschlagen. All das mündet Ende des Monats in einer Rede vor beiden Kammern des US-Kongresses, die Obama nutzen will, das Thema soziale Gerechtigkeit ins Zentrum seiner Politik zu rücken. Dass 2014 doch besser als erwartet läuft, dazu könnte auch die Außenpolitik beitragen. Ein Rahmenabkommen zwischen Israelis und Palästinensern oder ein Durchbruch bei den Atomgesprächen mit Iran könnten Obama ebenso Aufwind verleihen wie der Abzug der Kampftruppen aus Afghanistan. Ob Obama zu einer »lahmen Ente« wird, hängt davon ab, ob es ihm gelingt, bis zu den Wahlen im November die Stimmung umzudrehen. Politisch bleibt das ein Kampf gegen den Berg, da die Partei des Präsidenten bei den »Midterms« traditionell Stimmen verliert. Sicher ist das aber nicht. Zumal der Amtsinhaber im Ruf steht, immer dann zur Hochform aufzulaufen, wenn ihn die Meinungsführer schon abgeschrieben haben.
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