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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Iran und die Bombe

Bielefeld (ots)

Israel hat die Hamas unterschätzt. Zwar sind viele der mehr als 1000 Opfer dieses Krieges tatsächlich Milizionäre, und von den Tunnelsystemen konnte ein Dutzend zerstört werden. Aber die zahlreichen Waffenarsenale und die weit verzweigten Tunnel sowie der teilweise erbitterte Widerstand von gut ausgebildeten Kämpfern haben der Führung in Jerusalem gezeigt, dass hier eine Front aufgebaut wurde, die die übermächtige Armee Israels durchaus eine Zeitlang in Schach halten und die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wie in einem Brennglas konzentrieren konnte. Unbemerkt blieb ein weit gefährlicherer Konflikt: Der Atomstreit mit dem Iran.

Am 20. Juli lief die im Januar gesetzte Frist für ein Abkommen mit dem Iran ab. US-Präsident Präsident Barack Obama hat sie um vier Monate verlängert, für die Zeit nach den Midterms, den Zwischenwahlen zu Senat und Repräsentantenhaus. Diese Zeit werden die Mullahs nutzen. Aber nicht, um zu einem Abkommen zu gelangen, sondern um ihre Nuklearpläne weiter voranzutreiben.

Revolutionsführer Ali Khamenei hat es angekündigt: Man werde die 19 000 Zentrifugen zur Urananreicherung nicht reduzieren, sondern im Gegenteil auf 190 000 verzehnfachen. US-Außenminister John Kerry selbst warnte: Der Iran stehe nur wenige Monate vor der Bombe. Wie Kerry diese Erkenntnis mit der Verlängerung der Frist durch seinen Präsidenten vereinbart, ist sein Geheimnis oder auch das Geheimnis des Weißen Hauses.

Israel kann damit jedenfalls nicht leben. Es kann die iranischen Nuklearanlagen, vor allem die unterirdischen, derzeit aber nicht allein zerstören. Immer wieder ist es in den letzten Jahren gelungen, durch Sabotageakte - man denke an den eingeschleusten Cyberwurm, der große Teile der Zentrifugenanlagen zur unbremsbaren Überdrehung programmierte und dadurch zerstörte - die Produktion der schiitischen Bombe zu verzögern. Diese Option hat Israel auch heute. Sollte die Regierung Netanjahu zur Überzeugung gelangen, dass es im November zu spät ist für Sanktionen oder militärische Schläge, dann wird sie diese Option wahrnehmen.

Und bei einem schon oft auf dem Reißbrett und auch bei Manövern durchgespielten Militärschlag aus der Luft gegen den Iran hätte Israel diesmal keine zweite Front mehr im Rücken zu befürchten. Die Hamas wäre bis dahin wohl weitgehend ausgeschaltet, Ägypten hat schon klammheimlich ähnlich wie Saudi-Arabien Zustimmung für einen solchen Schlag signalisiert. Auch die zu erwartenden Reaktionen der Weltöffentlichkeit dürften Jerusalem nicht mehr sonderlich einschüchtern. Die in den letzten Wochen offenbar gewordene antisemitische Stimmung, vor allem in Europa, hat manche Regierung mehr erschreckt als Israel selbst.

Und noch einmal wird Jerusalem seine (Tod-)Feinde nicht unterschätzen wollen. Auch das ist eine Lehre aus dem Tunnel-Krieg.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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