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Westfalen-Blatt: zum Thema Salafisten in Deutschland

Bielefeld (ots)

Es scheint kein Problem zu geben, auf das Politiker nicht eine Antwort wüssten. Die ist dann zwar nicht in jedem Fall zu Ende gedacht, aber das fällt ja nicht unbedingt jedem auf. Hauptsache, man ist in den Schlagzeilen. Die Übergriffe von Salafisten auf Jesiden in Herford sind das jüngste Beispiel. Der sonst pragmatische Wolfgang Bosbach von der CDU fordert, das Ausländerrecht zu verschärfen. »Wir dürfen nicht an der falschen Stelle tolerant sein«, sagt er und kann sich breiter Zustimmung sicher sein. Ausländer sollten schon bei Haftstrafen von einem Jahr abgeschoben werden, und nicht erst bei Strafen ab drei Jahren, wie es jetzt Gesetz sei, postuliert der Innenexperte. Das klingt schlüssig, blendet aber eine Hälfte des Problems aus. Denn eine erhebliche Zahl von Salafisten, die die freiheitlich demokratische Grundordnung durch ein Kalifat ersetzen wollen, die die Scharia über alles stellen, sind Deutsche. So hat von den gut zehn Salafisten, von denen die Herforder Polizei Probleme erwartet, etwa jeder zweite einen deutschen Pass. Entweder sind die Männer hier geboren, oder sie haben die Staatsbürgerschaft später bekommen. Wie also will man einen Deutschen loswerden, wenn man befürchtet, er könnte einen islamistischen Anschlag planen? Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) fordert »die Ausweisung deutscher Islamisten«. Hört sich gut an. Eine Ausweisung richtet sich aber immer gegen Ausländer. Und: Wohin will Hermann die Deutschen denn ausweisen? Auch von »Ausbürgerung« war in den vergangenen Tagen gelegentlich zu hören. Auch die ist nicht möglich. Nach dem Staatsangehörigkeitsgesetz kann zwar jemandem die Staatsbürgerschaft entzogen werden, wenn er in eine ausländische Streitkraft eintritt. Aber er muss auch die Staatsangehörigkeit dieser fremden Armee besitzen - und das ist beim »Islamischen Staat« (IS) ja nicht möglich. Es wäre viel ehrlicher, einzugestehen, dass die Politik nicht für jedes Problem eine Lösung parat hat - und dass es keinen absoluten Schutz vor einem islamistischen Terroranschlag in Deutschland gibt. Der Staat kann die geschätzt 6000 Salafisten nicht rund um die Uhr überwachen. Dafür fehlt nicht nur das Geld, dafür gibt es auch keine Rechtsgrundlage. Wer in einer offenen Gesellschaft leben will, muss das Restrisko tragen. Dass das Risiko einigermaßen einschätzbar bleibt - dafür sorgen Polizei und Verfassungsschutz, die ein Auge auf die Szene haben. Dabei darf man sich aber nichts vormachen: So einfach, wie Ermittler Informationen aus dem linksextremen oder rechtsradikalen Spektrum gewinnen, geht das bei Salafisten nicht. Es wäre deshalb zu wünschen, dass islamische Gemeinden stärker versuchten, radikale junge Muslime auf den gewaltfreien Weg zurückzuführen. Vielleicht kann das helfen, den einen oder anderen Gotteskrieger zu stoppen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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