Westfalen-Blatt: zum Erfolg der AfD
Bielefeld (ots)
Wenn es um die AfD geht, sprechen die Politiker von CDU und CSU neuerdings von einer »Illusionspartei«. Beim Blick auf die Wortbedeutung könnte man eher auf den Gedanken kommen, Union, SPD, Grüne und Linke für Illusionsparteien zu halten. Unter Illusion versteht man die falsche Wahrnehmung der Wirklichkeit. Genau das Gegenteil, nämlich die vermeintlich richtige Deutung der Realität, scheint das Erfolgsrezept der »Alternative für Deutschland« zu sein. Und das weiß die CDU ganz genau. So meint Generalsekretär Peter Tauber, dass die AfD-Wähler der Partei zwar nicht die Problemlösungen zutrauten, aber der AfD allein dafür ihre Stimmen gäben, dass sie die Probleme in der Gesellschaft überhaupt benennt. Wenn ein Stratege der regierenden Volkspartei das erkennt, gesteht er im Umkehrschluss ein, dass die CDU - und nicht nur sie - Probleme kleinredet, verschweigt und ausblendet. So geschehen im brandenburgischen Wahlkampf, als SPD, Linke und CDU den Leuten mit Statistiken weismachen wollten, dass die Grenzkriminalität entlang der Oder über die Jahre gesunken sei. Dumm nur, wenn die Wähler das in ihrem Alltag völlig anders erleben - und einer Partei ihre Stimme geben, die ihre Sorgen zumindest ernst nimmt. Je näher sich in Brandenburg die Wahlbezirke an der polnischen Grenze befanden, desto besser fiel das Ergebnis der AfD aus. An den Landtagswahlen im Osten lässt sich erkennen, dass die AfD in erster Linie als Protestbewegung funktioniert. Entstanden aus der Kritik am Euro und an Europa, steht die Partei mittlerweile auch für innere Sicherheit. Offenbar bietet die AfD Projektionsflächen für Entwicklungen, mit denen viele Menschen unzufrieden sind. Wer AfD wählt, verpasst den etablierten Parteien einen Denkzettel mit der letzten Warnung: Nehmt unsere Sorgen ernst und löst die Probleme, sonst beauftragen wir eine andere politische Partei damit. Die AfD ist weder rechts noch links einzuordnen, in Brandenburg verlor die CDU 18 000 Stimmen an die AfD und die Linke sogar 20 000 Wähler. Von den liberalen Gründungsgedanken ist wenig geblieben. Die aufstrebende Partei reüssiert als konservatives Sammelbecken für gefrustete ehemalige CDU-Stammwähler ebenso wie für linke Kapitalismuskritiker und das traditionelle SPD-Milieu. Noch lässt sich die AfD programmatisch kaum fassen, sie profitiert von ihrer diffusen Außenwirkung und reagiert inhaltlich flexibel auf Stimmungen, wenn Wahlen anstehen. Angreifbar macht sich die AfD derzeit nur, wenn sich subalterne Funktionsträger fragwürdig äußern. CSU-Chef Horst Seehofer scheint wegen der AfD-Erfolge so nervös zu werden, dass er schon heute das Ziel für die Bundestagswahl 2017 ausgibt: Mit Kanzlerin Angela Merkel soll die Union die absolute Mehrheit holen. Dann müsste niemand fragen, ob die CDU/CSU mit der AfD koalieren würde.
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