Westfalen-Blatt: zur Bundeswehr
Bielefeld (ots)
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will alles: die Bundeswehr als attraktiveren Arbeitgeber und Top-Ausrüstung. Beides wird nicht gehen. Das wird Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht mitmachen. Auch wenn die Ministerin betont, das Gesetz finde seine Unterstützung. Wenn es zum Schwur kommt, wird er die Notbremse ziehen. Es kursieren Zahlen, dass von der Leyen ab 2016 300 Millionen Euro fehlen werden. Die Ministerin freut sich lieber über ihr Herzensanliegen, die Bundeswehr »zu einem der attraktivsten Arbeitgeber zu machen«. Sie widmet sich einem Thema, das ihre Vorgänger längst hätten anpacken müssen. Kein Kongress zur Bundeswehr, auf dem mangelnde Familienfreundlichkeit und katastrophale Bedingungen nicht beklagt werden. Kaum zu glauben, dass Teilzeit nur für Eltern von Kindern unter 18 Jahren oder pflegende Angehörige möglich ist. Auch plötzliche Versetzungen machen Familien schwer zu schaffen. Das packt von der Leyen an - ganz in der Rolle der ehemaligen Familien-, Sozial- und Arbeitsministerin. Nein, es ist kein »Gedöns«, mit dem sie sich beschäftigt. Auch Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) wird begriffen haben, dass Familienpolitik nicht aufs Abstellgleis gehört. Von der Leyen stürzt sich mit Begeisterung auf diese vermeintlich weichen Themen. Das ist notwendig und richtig. Trotzdem macht die Ministerin einen Fehler. Sie ordnet die Ausrüstungsmängel ihrer Attraktivitätsoffensive unter. Sie kann ihre eigenen Zusagen an die Nato nicht halten, weil Waffen und Transporttechnik marode sind. Eine Lösung liefert sie nicht. Kein Wort dazu, woher das Geld für Ausrüstung kommen soll. Es ist keinem geholfen, wenn Soldaten mehr in Teilzeit arbeiten können, dafür aber an kaputten Panzern und Gewehren dienen müssen. Andererseits: Was nutzt die beste Waffentechnik, wenn Menschen fehlen, die sie bedienen können? Die Verteidigungsministerin weicht dem unangenehmen Thema Ausrüstung auf ihre Art aus. Sie präsentiert etwas Größeres - ein neues Weißbuch. Es soll die Interessen der Bundeswehr definieren. Aussetzen der Wehrpflicht, Ukraine-Konflikt und Scheitern in Afghanistan machen das ohnehin notwendig. Das letzte Weißbuch ist von 2006 - überholt. Auf Forderungen der internationalen Gemeinschaft, Deutschland solle mehr Verantwortung in weltweiten Konflikten übernehmen, muss reagiert werden. Sie erzwingt eine Auseinandersetzung über die Ausrichtung der Bundeswehr. Von der Leyen bleibt sich treu. Sie will zu viel. Stichwort Frauenquote: Ziel verfehlt, Kompromiss als Erfolg verkauft. Wenn es im Detail hakt, werden einfach die Grundlagen neu definiert. Mehr Zuständigkeiten, die im neuen Weißbuch stünden, machten es leichter, weitere Mittel einzufordern. Und das Großprojekt lenkt von aktuellen Baustellen ab. So könnte die Rechnung der Ministerin aussehen. Ob sie aufgeht, entscheidet das Finanzressort. Das steht bislang nicht in von der Leyens Lebenslauf.
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