Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Flüchtlingspolitik
Bielefeld (ots)
In ihren Ansprachen zu Weihnachten und zum Jahreswechsel werden sich Bundespräsident und Kanzlerin einem Thema ganz sicher widmen: den Flüchtlingen, die in hoher Anzahl nach Deutschland kommen.
Die Politik lobt die Bevölkerung für die Aufnahmebereitschaft, die Stimmung gegenüber Flüchtlingen gilt als positiv. Dies liegt vor allem an den grausamen Verbrechen der Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS). Jeder kann sich vorstellen, welches Leid die mordenden Dschihadisten über die Menschen bringen. Da ist Flucht oft die einzige Chance, sein Leben und das der Familie zu retten. Dass Deutschland und Schweden in Europa die weitaus meisten Flüchtlinge aus Syrien aufnehmen, macht deutlich: Wir brauchen in der EU eine klare Regelung, in welches Land wieviele Menschen kommen. Dabei sollte es wenigstens einigermaßen gerecht zugehen. Wenn die Kosten für einen Staat zu hoch werden, kann das nämlich direkte Auswirkungen auf die Politik haben.
Wie in Schweden. Dort hat der Preis der Zuwanderung die Schlussphase des Wahlkampfs bestimmt. Und letztlich ist daran jetzt auch die rot-grüne Minderheitsregierung gescheitert.
Ist die Grundstimmung gegenüber Flüchtlingen bei uns tatsächlich so positiv, wie es den Anschein hat und verbreitet wird? Jedenfalls gibt es Proteste gegen geplante Asylunterkünfte. Sie reichen vom noblen Hamburger Stadtteil Harvestehude bis ins weniger noble Berlin-Marzahn.
Sorge macht die Entwicklung in Dresden, wo seit einigen Wochen immer montags bis zu 7000 Leute unter dem Namen »Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (Pegida) demonstrieren. So auch gestern. Da viele Flüchtlinge aus muslimischen Staaten kommen, richtet sich der Protest auch gegen sie.
Die Bundesregierung hat richtig gehandelt, als sie Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern erklärt hat. Derzeit kommt jeder dritte Asylantrag aus diesen drei Balkanstaaten. 99 Prozent der Anträge werden abgelehnt, weil es sich um Wirtschaftsflüchtlinge handelt. Die Akzeptanz der Menschen, die wirklich vor Verfolgung und Bedrohung fliehen, soll hoch bleiben. Deshalb fordert Manfred Schmidt, Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, dass Ausländer konsequent abgeschoben werden, wenn sie kein Bleiberecht haben. Das klingt hart und wäre neu. Aber neu ist auch die Situation. Wir leben nicht auf einer Insel, die sich vor Wanderungsbewegungen schützen kann. Zur Migration in unserem Land gehören auch Flüchtlinge.
Und da wir natürlich nicht jeden aufnehmen können, müssen die Behörden ganz genau und sehr kritisch prüfen, wer den Schutz verdient, der den Staat viel Geld kostet und der Gesellschaft echte Toleranz abverlangt - und nicht bloß Ignoranz.
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