Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum neuen Dax-Rekord
Bielefeld (ots)
»Die Börse nimmt den Konjunkturverlauf voraus«, heißt ein alter Spruch unter Anlegern. Es darf bezweifelt werden, ob er jemals uneingeschränkt gegolten hat. Am wenigsten aber ist er in diesem Augenblick geeignet, die Situation nach dem neuen Dax-Höchststand zu beschreiben. Die 11 000 Punkte sind mitnichten ein Hinweis darauf, dass die Konjunktur in den nächsten zwölf Monaten boomen wird. Ganz im Gegenteil! Der Rekordstand beweist nur die Not, in die die Europäische Zentralbank den einfachen Sparer, vor allem die so genannten institutionellen Anleger, bringt. Während der kleine Mann sieht, wie die niedrige Inflation den meist noch niedrigeren Zinsgewinn über die Jahre auffrisst, stecken Banken, Fonds, Versicherungen, Investmentgesellschaften, Stiftungen und Einrichtungen der öffentlichen Hand zudem in einer Sackgasse. Vom mittleren Zins, den sie bei allen Plänen vorausgesetzt haben, sind sie meilenweit entfernt. Das Kreditgeschäft auszuweiten, funktioniert kaum - schon mangels großer Nachfrage. Bei den meisten Staatsanleihen steigt das Risiko, während die Erträge sinken. Auch Investitionen in Immobilien werden zusehends riskanter. Dass Experten eine »Blase« ausschließen, ist nicht hilfreich: Sie tun es immer so lange, bis die Blase ist. Und selbst »Merger and Acquisitions« sind kein rettender Hafen. Denn warum sollte der Eigentümer eines gut gehenden Unternehmens jetzt verkaufen, wenn er für sein Geld nirgendwo eine halbwegs vergleichbare Rendite erzielen kann? Das Alles ist Wasser auf die Mühle der Börse, die weniger als zweieinhalb Monate nach der 10 000er nun auch die 11 000er Hürde genommen hat. Am Werk sind weder Berufsoptimisten noch Zocker. Die Börse ist einfach nur weitgehend alternativlos. Dazu passt, dass der Aktienboom keinesfalls unter allen Anlegern ausgebrochen ist. Trotz Rekordstand geht die Zahl der Aktienkäufern sogar zurück. Offenbar trauen die Kleinanleger de Börse nicht. Und sie haben dafür Gründe. Im Gegensatz zu den erwähnten institutionellen Anlegern können sie ihr Geld einfach ausgeben. Für Spaß, in dem sie häufiger verreisen oder sich andere Vergnügen gönnen. Oder planvoller, indem sie größere Anschaffungen wie Auto- und Möbelkauf oder die Sanierung ihrer Wohnung vorziehen.
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