Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Atomverhandlungen
Bielefeld (ots)
Treibende Kraft des Atomabkommens mit dem Iran ist der US-Präsident persönlich. Barack Obama geht das Risiko bereitwillig ein, seine bisherigen Partner im Nahen Osten zu verprellen. Israel fühlt sich von einem atomaren Iran nicht weniger als in seiner Existenz bedroht, und Saudi-Arabien fürchtet seinen Erzfeind als neuen Hegemon einer Region, deren geostrategische Bedeutung in jüngster Vergangenheit etwas nachgelassen hat.
Ihren Energiedurst können die USA derzeit größtenteils aus eigenen Quellen stillen. Das ist ein Grund dafür, dass die Weltmacht ihren Einfluss auf der arabischen Halbinsel nicht mehr so geltend macht wie gewohnt. Das frustriert die Saudis, die nun in Eigenregie eine militärische Koalition sunnitisch-arabischer Staaten gebildet haben, um die vom Iran unterstützten schiitischen Huthi-Kämpfer im Jemen zu stoppen.
Der Schlacht um den Jemen wird das Potenzial zugetraut, die Machtordnung im Nahen und Mittleren Osten mittelfristig zu bestimmen. Setzt sich Saudi-Arabien als Schutzmacht der sunnitischen Mehrheit oder Iran als Hüter der schiitischen Minderheit (15 Prozent der 1,6 Milliarden Muslime weltweit) in dem inner-islamischen Konflikt durch?
Für die im Moment relevanten Brennpunkte in Syrien und im Irak scheinen die Mullahs in Teheran zumindest den USA als Machtfaktor gegen den »Islamischen Staat« (IS) so wertvoll, dass sie den Atom-Deal eingehen.
Verschwörungstheoretiker mögen an dieser Stelle einwenden, dass Amerika mit der Parteinahme für Iran die muslimische Welt in einen ewigen inneren Konflikt verstricken will.
Barack Obamas Zeit läuft ab. Was hinterlässt der Friedensnobelpreisträger von 2009? Im ersten Amtsjahr hätte er auf die Auszeichnung gern verzichtet. War der Preis doch eine Bürde und nach acht Jahren George W. Bush eher eine nachträgliche Abrechnung mit dem in Europa verhassten Präsidenten, der 2003 den sinnlosen Irak-Krieg vom Zaun gebrochen hatte. Allerdings ist Obama mit den Folgen des Waffengangs nicht weniger kriegsbereit umgegangen. Und die modernen Drohnenkriege sind so etwas wie Obamas Markenzeichen. Damit verewigt zu werden, ist nicht erstrebenswert. Eine Aussöhnung mit Kuba und eine Verständigung mit dem Iran zu erreichen, das wären durchaus historische Leistungen - und vielleicht die einzigen Einträge Obamas in die Geschichtsbücher.
Der Atom-Deal basiert auf kurzfristiger Taktik, eine mittelfristige Strategie enthält er nicht. Das ist auch schwer möglich, weil niemand absehen kann, ob nach dem iranischen Revolutionsführer Ali Chamenei in wenigen Jahren die militanten Revolutionsgarden die Macht übernehmen.
In zehn oder 20 Jahren werden wir wissen, ob Israels Warnungen berechtigt waren. Der Rest sind Vertrauen und Hoffnung.
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