Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Asylleistungen
Bielefeld (ots)
Der Flüchtlingsstrom nach Deutschland schwillt weiter an. Wurde lange Zeit mit 350 000 Asylbewerbern für dieses Jahr gerechnet, so laufen die Schätzungen mittlerweile auf bis zu 600 000 Neuankömmlinge hinaus. Dass sie sich ein anstrengungsloses Leben bei uns machen wollen, ist stark zu bezweifeln. Nichts anderes suggeriert jedoch der Bundesinnenminister, wenn er den Fokus auf die Leistungen lenkt, die Flüchtlinge vom deutschen Sozialsystem zu erwarten haben. Ja, es stimmt, 143 Euro Bargeld im Monat entsprechen einem durchschnittlichen Monatsverdienst in Serbien. Und im Kosovo sieht es kaum anderes aus. Selbst wenn sich manche aus dieser Region wegen der Verlockung solcher Hilfen nach Deutschland aufmachen, so werden sie rasch merken, dass diese Unterstützung nicht reicht, um hier ein ordentliches Leben zu führen. Schon allein deshalb geht de Maizières Argument daneben. Dabei hat der CDU-Politiker die Begründung mitgeliefert, warum sich die Unterstützung für Asylbewerber nicht mit einem Federstrich reduzieren lässt. Sie hat sich an der Grundsicherung zu orientieren, also dem Hartz-IV-Regelsatz, der das Existenzminimum in Deutschland markiert. So stellte es das Bundesverfassungsgericht vor drei Jahren klar. Deshalb musste die Bundesregierung das Gesetz auch nachbessern und die Bargeldleistungen spürbar erhöhen. Vor diesem Hintergrund bleibt es schleierhaft, warum de Maizière dieses Fass wieder aufmacht. Flüchtlinge, die in ihrer Heimat mit Gewalt und Tod bedroht sind, wird das ohnehin nicht in ihrer Entscheidung beeinflussen. Sie haben keine andere Wahl. Sie fliehen nicht für ein bisschen Bargeld, sondern für ein Leben in Würde. Mit seinem Vorstoß liefert de Maizière aber jenen zweifelhafte Argumente, die auch vor Gewalt gegen Flüchtlingsheime nicht zurückschrecken. Anstatt sich in fruchtlosen Debatten über vermeintlich gierige Asylanten zu verlieren, sollte der Innenminister besser auf ein abgestimmtes europäisches Vorgehen zur Bewältigung der Flüchtlingszahlen drängen. Dazu gehört vor allem die Durchsetzung verbindlicher Aufnahmequoten für sämtliche EU-Staaten. Gleichzeitig muss der Bund die einheimischen Kommunen stärker bei der Flüchtlingshilfe unterstützen. Und was den Balkan angeht: Hier hier sind zügige Abschiebeverfahren nötig, wenn sich das Asylbegehren als unbegründet erweist - und mehr Aufklärung in den Herkunftsländern. Erste Erfolge gibt es hier durchaus. Noch zu Jahresbeginn kamen pro Tag mehr als eintausend Flüchtlinge aus dem Kosovo in Deutschland an, weil Schlepper ihnen das Blaue vom Himmel versprochen hatten. Mittlerweile sind es nur noch ein paar Dutzend. Schon dieses Beispiel zeigt, wie absurd der Gedanke ist, dass die Zahl der Asylbewerber vom so genannten Taschengeld abhängig sein könnte.
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