Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu "Studium statt Lehre"
Bielefeld (ots)
Deutschland braucht mehr Akademiker! Diese Forderung, in früheren Jahren gebetsmühlenartig von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) erhoben, war Berufspraktikern schon immer suspekt. Doch während die OECD dazugelernt hat und das einzigartige duale Ausbildungssystem mittlerweile in den höchsten Tönen lobt, hält der Zustrom an die Hochschulen an. Geisteswissenschaftliche Fakultäten haben damit begonnen, das Schreiben von Bewerbungen und das Vorbereiten auf Einstellungsgespräche auf den Lehrplan zu setzen. Nicht mehr Erkenntnisgewinn ist Studienziel, sondern »Employability«, wie die Befähigung zum Eintritt ins Berufsleben akademisch-euphemistisch genannt wird. Diese Entwicklung ist umso absurder, als immer mehr Handwerker und Unternehmen keine Auszubildenden mehr finden. Dabei ist eine Lehre noch immer der sicherste Weg ins Berufsleben. Wer sich fortbildet oder auf einer breiten praktischen Grundlage später doch noch ein Fachstudium aufnimmt, hat beste Karrierechancen. Weltweit wird Deutschland um seine bestens ausgebildeten Fachleute und Techniker beneidet. Das wird nicht mehr lange der Fall sein, wenn der Akademisierungswahn ungebremst weitergeht.
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