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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Folgen der WM-Affäre

Bielefeld (ots)

Nein, ein Erdbeben ist es nicht, das der Deutsche Fußball-Bund am Dienstag erlebte. Die Durchsuchungen der DFB-Zentrale und der Privatwohnungen des aktuellen und des ehemaligen DFB-Chefs sind nur die normalen juristischen Folgen, die aus der »Spiegel«-Geschichte über die Unregelmäßigkeiten rund um das Sommermärchen 2006 resultieren. Sie werden durch die nachfolgende und immer noch andauernde Schlammschlacht vor allem zwischen dem Ex-Pressesprecher Wolfgang Niersbach und dem Ex-Richter Dr. Theo Zwanziger weiter befeuert. Vermutlich ist die Schadenfreude in dem einen oder anderen Fußballverband auf der Welt riesig, dass ausgerechnet Wolfgang Niersbach, einer der selbsternannten Chefankläger gegen Joseph Blatter, jetzt tief in eben jenem Sumpf steckt, den, wenn er ihn vielleicht auch nicht angelegt, so doch wohl toleriert hat. Oder von ihm nichts wusste, was es aber auch nicht besser macht. Jener Niersbach also, der von einflussreichen deutschen Medien, nachdem sich Michel Platini als eigentlich auch nicht mehr Fifa-präsidiabel erwies, als heißer Kandidat für die Blatter-Nachfolge auserkoren worden war. Aber natürlich klaffen nicht nur beim weltgrößten Sportverband das kreierte Image und die Realität weit auseinander. So sauber, wie sich der deutsche Sport selber so gerne darstellt, war er nie, ist er nicht. Das immer noch schlimmste Beispiel für das große Versagen, für die Diskrepanz zwischen sich selbst zugeschriebener Vorreiterrolle und Realität, ist der Umgang mit dem Thema Doping. Die nationale Antidopingagentur ist unterfinanziert, der Prozentsatz der überführten Athleten steht in einem extremen Gegensatz zu den Zahlen, die in anonymen Umfragen unter Spitzenathleten erhoben werden. Muss jetzt die Politik eingreifen oder die Justiz? Nun ja, beiden Bereichen wird in der öffentlichen Wahrnehmung auch nicht gerade Unfehlbarkeit zugeschrieben. Denn auch politische Entscheidungsträger waren vor und während der Fußball-WM 2006 in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Bundeskanzlerin Angela Merkel überreichte 2006 Joseph Blatter sogar das Bundesverdienstkreuz für seine besonderen Leistungen bei der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft an Deutschland. Was bitte kann die besondere Leistung eines Fifa-Präsidenten bei der Vergabe eines großen Turniers sein? Theo Zwanziger ist beim DFB schon länger eine persona non grata. Will der deutsche Sport nicht ein ähnliches Schicksal erleiden und mit seinen Bewerbungen um die Fußball-EM und Olympia 2024 scheitern, sollten die in der Sommermärchen-Affäre Handelnden nicht nur an ihr Ego denken und schnellstens für Aufklärung sorgen. Und für die Zukunft sei allen Sportfunktionären gesagt: Wenn man die Moralkeule schwingt, sollte man darauf achten, dass an ihr nicht zu viel eigener Dreck klebt.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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