Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu NRW-Innenminister Jäger/Silvester in Köln
Bielefeld (ots)
Der Auftritt des nordrhein-westfälischen Innenministers Ralf Jäger (SPD) im Innenausschuss des Landtags hat am Montag viele Polizisten irritiert. Jäger warf der Kölner Polizeiführung »Versagen« vor, er sprach von »gravierenden Mängeln« und nannte das Bild, das die Kölner Polizei abgegeben habe, »nicht akzeptabel«. Möglicherweise hatte Jäger sogar Recht, aber durfte er als Dienstherr so schonungslos über seine Beamten herziehen, während er gleichzeitig jede Verantwortung kategorisch von sich wies? Wer Ralf Jäger kennt, konnte nichts anderes erwarten. Ihm geht es nur um Machterhalt. Und deshalb warf er, als nach Silvester der Aufschrei durch Deutschland ging, zuerst den Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers raus und schlug dann gestern auf die Kölner Polizei ein. Das alles, um von sich abzulenken. Denn die Erkenntnis, dass im Präsidium Köln, der größten Polizeibehörde des Landes, so einiges nicht rund läuft, kann für Jäger nicht überraschend gekommen sein. Im Gegenteil: Jäger war sich lange Zeit nicht zu schade, kölsche Eskapaden zu decken. Erinnert sei nur daran, dass Führungskräfte der Kölner Behörde einen Polizeihubschrauber anforderten, um sich hoch über der Stadt auf einem Brückenpfeiler fotografieren zu lassen - und der Minister die Aktion als »Fortbildung für Führungskräfte« verteidigte. Scheinheilig ist es auch von Jäger, der Kölner Polizei jetzt vorzuwerfen, sie habe gegenüber der Öffentlichkeit die Nationalität der Verdächtigen aus der Silvesternacht verschwiegen. Genau das war doch seit Jahren politisch gewollt, auch wenn es nicht schriftlich fixiert wurde! Polizeipräsidien, deren Präsidentinnen und Präsidenten ja als politische Beamte vom Wohlgefallen des Ministers abhängig sind, sind deshalb oft zurückhaltender, Ross und Reiter zu nennen, als die Kreispolizeibehörden mit den Landräten an der Spitze. Ralf Jäger hat das Glück, dass es keine echte Opposition im Landtag zu geben scheint, denn selbstverständlich müsste er jetzt die politische Verantwortung für das Versagen seiner größten Polizeibehörde übernehmen - nur den forderte gestern im Innenausschuss niemand. Jäger erklärte zu seiner Verantwortung: »Es ist völlig ausgeschlossen, dass ein Ministerium in irgendeiner Weise in eine operative Lage eingreifen kann.« Zum einen stimmt das einfach nicht, zum anderen hätte Jäger anderenfalls dieses Argument abgewandelt auch für den Polizeipräsidenten gelten lassen müssen: Wolfgang Albers war in der Silvesternacht nicht im Polizeipräsidium und konnte deshalb nicht eingreifen, die Einsatzführung oblag einem hohen Polizeibeamten. Mit seiner Attacke gegen die Kölner Polizei hat Jäger versucht, sich der Öffentlichkeit als Aufklärer zu präsentieren - und seinen Ansehensverlust innerhalb der Polizei als Kollateralschaden in Kauf genommen.
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