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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Trump

Bielefeld (ots)

Der Kandidat der Superlative darf eines für sich beanspruchen: Er präsentierte im Mayflower Hotel die wirrste außenpolitische Grundsatzrede, die in Washington jemals ein aussichtsreicher Kandidat für das Präsidentenamt zum Besten gab. Donald Trump schaffte es, sich in 40 Minuten in so viele Widersprüche zu verstricken, das einem beim bloßen Zuhören schwindelig werden konnte. Der Narzissmus seiner Persönlichkeit findet Entsprechung in seinem Bild von der Supermacht. In seiner Gedankenwelt ist es das beste, größte, stärkste Land überhaupt, dem Freund und Feind besser Tribut zollen. Das ist die Essenz der »Amerika zuerst«-Politik, die Trump als Präsident verfolgen möchte. Das einzig Kohärente ist die Willkür, mit der Trump der Welt begegnet. Ein »Amerika über alles« kann heute Freundschaft mit Russland und morgen einen Bruch mit den Alliierten in Europa bedeuten. Um diesen Bewegungsspielraum zu bekommen, ist der Nationalist bereit, die nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete Sicherheitsarchitektur einzureißen. Statt eigene Sicherheitsinteressen durch multilaterale Organisationen für andere Staaten verträglicher zu machen, will er rohe Nationalmacht walten lassen. Trump plädiert de facto für eine Rückkehr zu einer Außenpolitik des 19. Jahrhunderts, in der Nationalstaaten untereinander darum rangen, anderen ihren Willen aufzuzwingen. Ihn schert deshalb nicht, was die Welt über eine Mauer an der Grenze zu Mexiko denkt. Er baut sie, weil die USA sie bauen können. In Trumps Welt bleibt den Staaten am Ende nichts anderes übrig, als das hinzunehmen. Sorglos verabschiedet sich der Kandidat von der westlichen Wertegemeinschaft, die er durch eine antagonistische Weltsicht ersetzt. In alten Freunden wie Deutschland und Japan sieht der Milliardär Kostgänger, die ihre Sicherheit von den USA bezahlen lassen, statt selbst etwas dafür zu tun. Wie bei Verhandlungen um einen Geschäftsabschluss will Trump einen Preis von den Verbündeten verlangen oder sie ihrem Schicksal überlassen. Als ob Sicherheitspolitik ein Immobilien-Deal und nicht eine Konsequenz aus zwei Weltkriegen mit vielen Millionen Toten wäre. Beim Handel findet die von Trump zelebrierte »Amerika zuerst«-Politik ihren Ausdruck in der Rückkehr von Protektionismus. Auch das wäre ein Bruch mit traditioneller US-Politik von Demokraten und Republikanern, die im freien Austausch von Waren und Dienstleistungen stets mehr Vor- als Nachteile gesehen haben. Trump rollte im Mayflower-Hotel einen intellektuellen Flickenteppich aus, der aus den Versatzstücken entstand, die er bisher via Twitter kanalisierte. Wenngleich er Details schuldig blieb, lässt sich der Grundton klar erkennen. Trumps Welt ist düster und zynisch. Sie darf niemals Wirklichkeit werden.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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