Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Olympia
Bielefeld (ots)
Alle zwei Jahre dieselbe negative Hysterie vor Beginn der Spiele. Die Olympische Idee wird von den Funktionärs-Grufties verraten, die Gesundheit der Sportler ist immer irgendwie gefährdet, Menschen werden ausgebeutet, der Klassiker, das Olympische Dorf wird nicht fertig, wird stets gegeben, dazu ist natürlich auch was mit Doping. Und überhaupt: Alle korrupt. Nun ist es im Sport wie im richtigen Leben, so einfach ist es dann doch nicht. Beim Zika-Virus zum Beispiel hat sich herausgestellt, dass derzeit die Gefahr minimal ist. Die Golfer, die mit dem Verweis auf die Gefährdung abgesagt haben, stören sich übrigens in Florida nicht an einer ähnlichen Bedrohung. Von den deutschen Athleten wissen wir zudem, dass es sich im Olympischen Dorf trefflich auf die Wettbewerbe vorbereiten lässt. Beispiel Funktionäre und Doping. Es ist unbedingt so, dass das Internationale Olympische Komitee mit seiner Russland-Entscheidung einen großen Diskussionsbedarf geweckt hat. Sie verströmt mehr als den Hauch von Inkonsequenz. Aber im Fall Stepanowa darf man zumindest auch mal einen Moment darüber nachdenken, ob eine Frau, die nachweislich jahrelang vom russischen Dopingsystem profitiert hat, sich aus altruistischen oder vielleicht doch eher aus egoistischen Gründen offenbart hat. Sie hat sich unabhängig davon unstrittig große Verdienste um die Sauberkeit des Sports gemacht. Es ist aber nun nicht so, als wenn Verbände, nationale oder internationale, den Schlaf der Selbstgerechten schliefen. Die Bemühungen, den Sport von zu viel Chemie zu säubern, war noch nie so groß wie derzeit. Wer etwas anderes behauptet, hat schlicht keine Ahnung. Oder will in die Schlagzeilen. Verweist man auf die große Zahl der Dopingtests, wird gerne erwidert: Die bringen doch nichts. Unsinn. Sie bringen eine Menge. Aktuell und dank verbesserter Nachtests auch bis zu zehn Jahre nach der Blut- beziehungsweise Urinentnahme. Und: Was wäre die Alternative? Die Antworten auf diese Frage sind dürftig. Cleverer müssten sie sein. Na dann. Und ist Deutschland, das Land der Chefkritiker, denn so sauber? Es bleiben Zweifel. Denn auch hier hat Doping, in Ost und West staatlich gefördert, eine jahrzehntelange Tradition. Ja, auch im Westen: Oder von wem bezogen die Professoren, die sich mit diesem Thema nicht nur wissenschaftlich beschäftigten, denn ihr Gehalt, ihre Forschungsgelder? Und hat man sich zu Beginn der 90er-Jahre in Deutschland vergleichbar aufgeregt, als der nationale Leichtathletikverband 39 (!) Trainer beschäftigte, die nachweislich ins DDR-Staatsdopingsystem verstrickt waren. Die Olympische Idee lebt. In ihrer Umsetzung war sie noch nie perfekt. Kritik ist gut, aber man sollte auch nicht aus einer Zika-Mücke einen Weltuntergang machen.
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