Westfalen-Blatt: zur Gefahr Trump
Bielefeld (ots)
Perfide. Anders lässt sich kaum bezeichnen, was der künftige Präsident der Vereinigten Staaten wenige Tage vor dem Einzug ins Oval Office versucht. Er bittet einen britischen Brexit-Fan und einen deutschen Boulevardjournalisten zum Interview, um Unfrieden in Europa zu schüren. Die Briten lobt er für ihre Abkehr von der EU und bietet ihnen Handelsprivilegien für eine großartige Zukunft an. Den Deutschen droht er: mit Strafzöllen für die Autobauer, mit den Sicherheitszusagen der USA und wenig verblümt sogar mit Einreisebeschränkungen wegen der Flüchtlingspolitik. Dass er Angela Merkel, die Regierungschefin des traditionell wichtigsten Verbündeten in Kontinentaleuropa, auf eine Stufe mit dem russischen Brandstifter Wladimir Putin stellt, schlägt dem Fass den Boden aus. Der künftige US-Präsident meldet sich als »Führer der freien Welt« ab, bevor er das Amt übernommen hat. Eines ist gewiss: Dieses Reptil wird zubeißen und das Gift des Nationalismus in Umlauf bringen. Wem Europa und die Zukunft der liberalen Demokratien etwas bedeutet, für den gibt es jeden Grund, alarmiert zu sein. Trump positioniert sich als Totengräber der Nachkriegsordnung und stellt die transatlantische Wertegemeinschaft in Frage. Darauf zu setzen, dieser Mann werde sich irgendwie einhegen lassen, grenzt an Wunschdenken. Dass die Nato unter seiner Führung zu dem wird, was sie bisher nicht war, ist eine reale Gefahr. Wenn sich die Europäer gegeneinander aufbringen lassen und erlauben, dass sich das hässliche Haupt des Nationalismus wieder erhebt, geht der Kontinent düsteren Zeiten entgegen. Die Staaten der alten Welt werden dann zum Spielball von Trump und Putin, die rücksichtslos ihre Großmachtinteressen durchsetzen. Dagegen hilft nur ein geeintes und starkes Europa. Die Antwort auf die Spaltversuche muss ein entschiedenes Zusammenrücken der Europäischen Union sein. Dazu gehören Mut und klare Kante. Merkel hat das in der Vergangenheit bewiesen. Auf ihr ruhen die Hoffnungen derjenigen, denen liberale Demokratie, Umweltschutz und Menschenrechte etwas bedeuten. Mit der Amtsübernahme Trumps steigt die Bundeskanzlerin im moralischen Sinne zur »Führerin der freien Welt« auf. In Frankreich und Deutschland haben die Wähler die Chance, den Rechtspopulisten eine klare Absage zu erteilen und damit Trumps gefährliche Vision einer »rechten Internationalen« zurückzuweisen. Die Stunde, in der sich das europäische Projekt bewähren muss, hat geschlagen. Ein geteiltes Europa egoistischer Nationalstaaten lebt gefährlich und droht an Bedeutung, Einfluss und Wohlstand zu verlieren. Diesen Gefallen sollte es Donald Trump nicht tun.
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