All Stories
Follow
Subscribe to Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt

Westfalen-Blatt: zum NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Bielefeld (ots)

Das Bundesverfassungsgericht hat ein kluges Urteil gefällt, die Begründung der Karlsruher Richter ist plausibel. Die Bedingungen für ein NPD-Verbot waren nicht erfüllt. Mit dem nun schon zum zweiten Mal gescheiterten Versuch, die rechtsextreme Partei verbieten zu lassen, haben auch die über den Bundesrat klagenden Länder eine Schlappe erlitten. Das sollte einmal mehr ein deutlicher Hinweis darauf sein, dass die Politik ihre Verantwortung nicht an die Gerichte delegieren kann. Zugleich muss man allerdings festhalten, dass die NPD Anfang 2017 anders als zum Zeitpunkt der Antragstellung 2013 eine weitaus geringere politische Relevanz hat. Die rechtsextreme Partei ist auf gutem Weg, sich selbst zu zerstören. Eine akute Gefahr für unseren Rechtsstaat ist die NPD heute nicht - zum Glück! Ein Verbot hätte der Partei nur unnötige Aufmerksamkeit geschenkt. Und schlimmer noch: Es hätte den NPD-Funktionären erlaubt, sich auch noch als eine Art Märtyrer zu stilisieren. Obendrein gibt es ein praktisches Argument, das von Beginn an gegen das Verbot sprach. Die NPD und ihr Umfeld sind leichter zu beobachten als die zahllosen Splittergruppen, die sich nach einem juristisch erzwungenen Aus unweigerlich gebildet hätten. Grundsätzlich muss man festhalten: Der Rechtsstaat kann eine Partei verbieten, aber nicht die dazugehörige Gesinnung. Menschenverachtung braucht keine Mitgliedschaft in einer extremistischen Partei. Hier ist die Zivilgesellschaft gefordert. Der Rest ist Sache der Sicherheitsbehörden. Zweifelsohne ist es schwer erträglich, dass die NPD nun weiter Geld von dem Staat erhält, den sie abschaffen will. Dieser Argwohn allein reicht aber nicht für ein Parteiverbot. Gleichwohl gebe es für den Gesetzgeber gerade bei der Parteienfinanzierung Handlungsansätze, ließ Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle in seiner Urteilsbegründung erkennen. Schwindende Mitgliederzahlen und eine miserable finanzielle Situation der NPD auf der einen sowie ihr schlechtes Abschneiden bei den jüngsten Landtagswahlen auf der anderen Seite dürfen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass Rechtspopulismus und Rechtsextremismus auf erschreckende Weise eine neue Konjunktur in Deutschland erleben. Denn der offenkundige Verfall der NPD hängt ja wesentlich damit zusammen, dass nicht wenige ihrer ehemaligen Anhänger inzwischen bei der AfD eine neue politische Heimat gefunden haben. Was das - besonders im Wahljahr 2017 - heißt? Der Kampf für den Erhalt unseres freiheitlich-demokratischen Rechtsstaats, für Humanität und Liberalität ist nötiger denn je. Mit diesem Urteil des Verfassungsgerichts ist gewiss nichts verloren - mit dem Siechtum der NPD allein aber leider auch nichts gewonnen.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

Original content of: Westfalen-Blatt, transmitted by news aktuell

More stories: Westfalen-Blatt
More stories: Westfalen-Blatt
  • 16.01.2017 – 21:00

    Westfalen-Blatt: zur Gefahr Trump

    Bielefeld (ots) - Perfide. Anders lässt sich kaum bezeichnen, was der künftige Präsident der Vereinigten Staaten wenige Tage vor dem Einzug ins Oval Office versucht. Er bittet einen britischen Brexit-Fan und einen deutschen Boulevardjournalisten zum Interview, um Unfrieden in Europa zu schüren. Die Briten lobt er für ihre Abkehr von der EU und bietet ihnen Handelsprivilegien für eine großartige Zukunft an. Den Deutschen droht er: mit Strafzöllen für die Autobauer, ...

  • 16.01.2017 – 03:00

    Westfalen-Blatt: Kind im Internet zum Verkauf angeboten

    Bielefeld (ots) - Ein Mädchen (8) aus Löhne (Kreis Herford) ist im Internet zum Verkauf angeboten worden. Das Kind gab an, das Inserat selbst aufgegeben zu haben. Nach WESTFALEN-BLATT-Informationen hatte ein Mann auf dem Verkaufsportal shpock.com das Foto des Mädchens entdeckt und die Polizei alarmiert. Das aktuelle Gebot stand bei 45448 US-Dollar. Beamte ermittelten, dass es sich um ein achtjähriges ...

  • 15.01.2017 – 21:30

    Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Steinbachs Parteiaustritt

    Bielefeld (ots) - Für den Bruch mit ihrer Partei hat sich Erika Steinbach ziemlich viel Zeit gelassen. Und den Mut der Verzweiflung musste die 73-Jährige acht Monate vor dem regulären Ende ihrer politischen Karriere auch nicht aufbringen. Während ihr Risiko bei Null liegt, versucht sie nach Kräften, den Schaden für die CDU und allen voran für Kanzlerin Angela ...